"Schlag den Henssler": Steffen Henssler scheitert als Stefan-Raab-Nachfolger
ProSieben-Show
Steffen Henssler scheitert als Stefan-Raab-Nachfolger
| Lesedauer: 6 Minuten
Anja Francesca Richter
Vier Fakten über TV-Koch Steffen Henssler
Vier Fakten über TV-Koch Steffen Henssler
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Steffen Henssler gibt seine Premiere als Stefan-Raab-Nachfolger. Der Ehrgeiz stimmt – doch an den Show-Übervater kommt er nicht ran.
Berlin.
Möglicherweise sollte Steffen Henssler seine Einstellung zu Waschlappen noch einmal gründlich überdenken. Dem Utensil zur Körperpflege kann der Hamburger TV-Koch bislang leider wenig abgewinnen, wie der Zuschauer im Quizspiel „Gedankenlesen“ erfährt, dabei wäre das Textil spätestes um 00:45 Uhr überaus hilfreich gewesen.
Hätte der Gastgeber von „Schlag den Henssler“ am Samstagabend einen nassen Waschlappen ins Gesicht bekommen, seine Premiere als Raab-Nachfolger wäre kurz vor dem Finale vielleicht nicht ganz so unangenehm ausgegangen.
Klar, er hat letztendlich gewonnen, 8 von 15 Spielen für sich entschieden, Respekt dafür. Mit ein wenig Erfrischung wäre der 45-Jährige aber sicher darauf gekommen, wo die deutsche Hauptstadt auf der Landkarte zu finden ist. So aber bleibt Berlin auf immer und alle „Schlag den Henssler“-Zeiten ein Ort an der Elbe. Sorry, Magdeburg.
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Show endet um halb zwei Uhr nachts
Na gut, wollen wir fair bleiben: Es ist spät geworden bei ProSieben, war ja auch das erste Mal für Henssler, der sich nun lieber beim Erraten von Titelmusik statt am TV-Herd vergnügt. Der fortan Buggys durch den Kölner Matsch manövriert, Medizinbälle fünf Meter gen Studiodecke befördert und sich in britischen Kneipenspielen versucht (Kleine Puppe aus großer Entfernung mit Holzstab von Sockel hauen, in welcher Gaststätte mit Ausmaßen des Buckingham Palastes dieser Wettbewerb auch immer praktiziert wird).
Um kurz vor halb zwei Uhr nachts hatte Henssler dann geschafft, wovon er vor der ersten Ausgabe der Show träumte: zu siegen, um standesgemäß in die XXL-Fußstapfen von Showgründer Stefan Raab zu treten. In Sachen Ehrgeiz und Elan muss sich der Koch jedenfalls nicht verstecken. Aber es gibt noch viel zu tun.
Zwar machen Neuerungen Laune, etwa, dass die TV-Zuschauer einen aus drei potenziellen Kandidaten als Gegner für Henssler auswählen. Zumal sich zugleich die erste Überraschung anbahnt: Nicht Nico Rosbergs ehemaliger Physiotherapeut darf dank Promi-Bonus an den Drücker. Nein, die Zuschauer wählen André, 31, Schwimmbadtechniker aus Rostock, als (vermeintlich) legitimen Gegner.
Ansonsten aber erscheint alles wohl vertraut: Elton macht den Moderator, Elmar Paulke kommentiert, es gilt 15 Spiele zu bestreiten und 37, vielleicht waren es auch 77, Werbepausen zu überstehen.
Henssler guckt gerne „Shopping Queen“
So weit, so bekannt. Was also zeichnet die Premiere aus? Folgende Erkenntnisse nehmen wir aus „Schlag den Henssler“ mit: ProSieben dreht den Geldhahn zu – nun geht es um 250.000 statt 500.000 Euro. Außerdem: Wenn um 21.30 Uhr erst drei Spiele über die Bühne gegangen sind, können wir den Schlafanzug überstreifen (oder – für später – die Disco-Schuhe rausholen) – es wird eine lange Nacht.
Elton pullert gerne in Schwimmbecken. Fergie sollte ihre Karriere als Sängerin an den Nagel hängen und fortan den Geldkoffer mit nun einer halben Million Euro Inhalt präsentieren. Henssler guckt gerne, wenn auch heimlich, „Shopping Queen“ (Familienvater André schaut „Traumschiff“).
Mit Sprossen, zumindest denen außerhalb der Küche, hat es der TV-Koch weniger, er hängt an den Sportgeräten „wie ein nasser Sack“ (Paulke). Das wiederum veranlasst Elton zur Frage, welche Position Henssler in Andrés American-Football-Mannschaft einnehmen würde. Seine Antwort: „Trainer – oder Maskottchen!“
Langatmiger Wettbewerb
Ganz falsch erscheint diese Vermutung nicht. Nach Spiel vier fragt Henssler, der den Abend über die meiste Zeit in Führung liegt, bereits nach einer Werbepause. Dabei ist – Stand 22:17 Uhr – doch „alles sehr, sehr spannend“. Meint Elton, und das ist sein Job. Dabei wirke André etwas zu konzentriert, wie der Moderator moniert.
Zwei Stunden später sollte es dann auf Wunsch von Kommentator Paulke „etwas emotionaler werden“ (größte Herausforderung des Abends für André). Das Verlangen nach ein bisschen mehr Aufregung, nach etwas Adrenalin war nach Spielen wie „Gedankenlesen“, bei dem die Kandidaten Antworten aus dem Publikum erraten müssen, leider nötig.
Denn so spannend wie der Wettbewerb ausfallen könnte, so langatmig gestaltet er sich, wenn sich eine Aufgabe nach der anderen, Runde für Runde und Viertelstunde für Viertelstunde, hinzieht. „Unsichtball“ etwa: Drei Sätze mit je neun Punkten? Einfach zu viel. Gleiches gilt für „Umschütten“, bei dem Henssler und sein Kontrahent farbige Kugeln in sieben (!) Gewinn-Durchgängen von einem ins andere Glas bugsieren müssen. Puh. Da kommt der Anruf vom Chefschiedsrichter, dass André fälschlicherweise einen Punkt zu viel hat, gerade recht.
TV-Koch gewinnt mit 75:45 Punkten
Am Schluss wird es tatsächlich noch einmal spannend(er), als die beiden sich beim Ratespiel zu übertrumpfen versuchen, wobei sie weder bei Autoteilen noch bei asiatischen Ländern wirklich zu antworten wissen. Egal. Die letzte Energie brauchen sie beim Poledance, dem 15. und – wieder einmal – alles entscheidenden Spiel.
Henssler und sein Herausforderer müssen sich, so lange es ihre Kräfte erlauben, an besagter Poledance-Stange festhalten, wobei der Rostocker in dramatischer Zeitlupe gen Boden rutscht. Glück für den Gastgeber – ihn befördert der Abgang zum Höhepunkt, dem Sieg.
Sein Ziel, hatte Henssler vor der Show verkündet, sei es, seine Komfortzone zu verlassen und raufzuklettern auf den „Mount Everest der TV-Unterhaltung“. Angekommen sein dürfte er nach dieser Ausgabe von „Schlag den Henssler“ noch nicht, dafür wirkte er an vielen Stellen zu gewollt, zu ungeduldig, zu „Raabig“ (Nachfragen bei den Spielen). Dennoch: Henssler gewinnt mit 75:45 Punkten. Und, wichtiger: Der erste Schritt Richtung TV-Spitzenentertainment ist geschafft. Und vielleicht entdeckt er sogar noch ein gewisses Badtextil für sich.