Berlin. „Winnetou“ ist wieder da – und Wotan Wilke Möhring spielt Old Shatterhand. RTL entstaubt den Mythos zeitgemäß in drei Abenteuer-Filmen.
Eine Sondersendung von „Wer wird Millionär?“, eine große Dokumentation und seit Wochen Werbespots rund um die Uhr. Man merkt, dass der neue Winnetou-Dreiteiler für RTL die wohl wichtigste Produktion des Jahres ist. Die riskanteste ist er auf jeden Fall. Denn Winnetou und Old Shatterhand sind durch die 60er-Jahre-Filme bei vielen Deutschen längst zu Legenden geworden – unvergessen, wenn auch oft verklärt.
Wer so einen Mythos neu verfilmen will, muss mit Kritik rechnen – vor allem wenn er es für einen Sender macht, den man nicht zwangsläufig mit dem Wort „Qualität“ in Verbindung bringt. Und so hat Bernhard Schmid, Leiter des Karl-May-Verlags, dann auch bereits nach Lektüre der Drehbücher gewettert, diese Neuproduktion sei nicht „frei nach Karl May“, sondern „frei von Karl May“. Aber das ist in etwa so objektiv, als würde der Vatikan ein Statement zum Film „Das Leben des Brian“ abgeben.
13 Millionen Euro teure Produktion
Es ist auch nicht richtig. Vor allem in Bild und Ton erinnert die 13 Millionen Euro teure Produktion an die 60er-Jahre Filme. Die Kamera von Sten Mende fängt wunderbar die Weite der Western-Landschaft ein, die heute wie einst nicht in den USA, sondern in Kroatien liegt. Und regelmäßig ist – in immer neuen Arrangements – die Winnetou-Melodie aus der Feder Martin Böttchers zu hören. Auch bei der Besetzung gibt es auf den ersten Blick nichts zu meckern.
So bringt RTL Winnetou zurück ins TV
Milan Peschel spielt den Sam „Wenn ich mich nicht irre“ Hawkins nahe am Original, Jürgen Vogel und Farid Yardim brillieren als Schurken. Der eine als sadistischer Aufseher beim Bahnbau, der andere als völlig irrer und gerade deshalb sehr unterhaltsamer mexikanischer Bandenboss bei der fast schon komödiantischen Suche nach dem Schatz im Silbersee. Im Finale der Trilogie gibt es sogar ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, wenn Mario Adorf noch einmal in die Rolle des bösen Santer schlüpft.
Düsteres Indianerland
Woran sich Fans gewöhnen müssen, sind die Hauptfiguren und die Welt, in der sie sich bewegen. Eine oft dunkle, manchmal düstere Welt, in der die Indianer die meiste Zeit nicht synchronisiert, sondern untertitelt werden, wenn sie sprechen. Und in der es lange weder Pferde gibt, die Iltschi oder Hatatitla heißen, noch Gewehre die Namen wie Silberbüchse oder Henrystutzen tragen.
Old Shatterhand, von Wotan Wilke-Möhring sehr sympathisch aber manchmal ein wenig zu weich gespielt, trägt im ersten Teil fast nur Anzug, nennt die Schamanin des Stammes „Fräulein Nscho-Tschi“ und siezt seine neuen Apachenkumpel. Später wird er „wilder“, erreicht aber nie die Härte seines Vorgängers Lex Barker, der Shatterhand als echten Draufgänger anlegte. Dafür hat Wilke-Möhring – vor 50 Jahren noch undenkbar – Sex.
Rolle von Pierre Brice
Winnetou läuft gerne nur mit Lendenschurz bekleidet durch das Bild und präsentiert dabei einen von Fitnesstraining und eiserner Diät gestählten Körper. Mit ihm schafft er es problemlos durch die zahlreichen, aufwendig in Szene gesetzten Action-Sequenzen. Die Würde und das Weise, das Pierre Brice einst in der Rolle seines Lebens ausstrahlte, sind beim Albaner allerdings nicht zu finden. Wahrscheinlich suchen jüngere Zuschauer aber auch gar nicht danach.
Ihnen könnte es aber an Tempo fehlen. Denn alle drei Teile nehmen nur langsam Fahrt auf. Auch weil Regisseur Philipp Stölzl sich Zeit nimmt, um seinen Helden Tiefe zu verleihen. Er gibt ihnen private Augenblicke, die sie in den alten Filmen nie hatten. Das macht sie nahbarer, macht sie aber auch mehr zu Menschen als zu strahlenden Helden. Jedermanns Sache ist das nicht.
Fazit: Ein Mythos zeitgemäß entstaubt. Keine klassischen Karl-May-Verfilmungen, aber drei gut gemachte, opulent inszenierte Familien-Abenteuerfilme. Howgh
Erster Teil: Sonntag, 25. Dezember, 20.15 Uhr, RTL