Eine beispiellose Mordserie erschütterte von 2000 bis 2007 Deutschland: zehn Tote, darunter türkischstämmige und ein griechischer Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Doch erst der Tod von zwei der mutmaßlichen Täter, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, brachte die Ermittlungsbehörden auf einen rechtsradikalen Hintergrund. Der Prozess gegen die dritte mutmaßliche Täterin, Beate Zschäpe, dauert bis heute unter großem medialen Interesse an.
Das Erste nimmt diese Ereignisse nun zum Anlass für die Spielfilmtrilogie „Mitten in Deutschland: NSU“. Bei dem ungewöhnlichen Projekt werden drei Filme mit drei Perspektiven von drei Regisseuren gezeigt. Ausstrahlung ist am 30. März sowie am 4. und 6. April, jeweils um 20.15 Uhr. Vorab hatte die ARD am Donnerstagabend zur Premiere ins Hauptstadtstudio des Senders an der Wilhelmstraße in Mitte geladen.
Neben den Darstellern Sylvester Groth und Tom Schillin g war auch der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt gekommen. „Wir haben inzwischen sehr viel gelernt, verbessert und unsere Lehren gezogen“, sagte Kandt, der aber auch betonte, dass seine Behörde nicht an den Ermittlungen beteiligt gewesen war. Den Filmen wünschte er, dass sie „viele Leute sehen“, so Kandt.
Die drei Filme legen ihren Fokus jeweils auf die Täter, die Opfer und die Ermittler. Christian Schwochow führte Regie beim ersten Teil „Die Täter – Heute ist nicht alle Tage“. Im Mittelpunkt steht die Radikalisierung der rechten Szene in Jena 1990: Immer mehr junge Leute fallen in die Arbeitslosigkeit, eine davon ist Beate Zschäpe, die von Anna Maria Mühe gespielt wird. Wegen Dreharbeiten musste die Schauspielerin ihre Teilnahme an der Premiere absagen.
Im zweiten Teil „Die Opfer – Vergesst mich nicht“ widmet sich Regisseur Züli Aladag den Opfern und ihren Familien. Am 9. September 2000 wird Enver Simsek erschossen. Die Polizei gibt als Tathintergrund „organisierte Kriminalität“ an. „Das Thema bewegt sehr“, sagte Aladag. „Es ist herzzerreißend, dass die Familie Simsek über zehn Jahre hinweg für Täter gehalten wurde“, sagt er. Die Mutter sei verdächtigt worden, ihren Mann umgebracht zu haben. „Ich wollte mit dem Film die andere Perspektive zeigen“, erklärte Aladag. Tom Schilling spielt im zweiten Teil einen Ermittler und war sich beim Dreh „der Brisanz und Verantwortung bewusst“, so Schilling. „Als kleiner Bürger muss man sich abfinden, dass Dinge im Verborgenen bleiben“, sagte er. Doch es mache wütend, so ohnmächtig zu sein, so Schilling weiter.
„Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch“ heißt schließlich die dritte Sichtweise von Regisseur Florian Cossen. Der Film erzählt von V-Männern, Verfassungsschutz und Staatsinteressen. Zielfahnder Paul Winter (Florian Lukas) erhält Anfang 1998 den Auftrag, untergetauchte Rechtsradikale zu finden. Gemeinsam mit seinem Vorgesetzten Walter Ahler (Sylvester Groth) versucht er die externen und hausinternen Widerstände zu meistern, doch langsam wird klar, dass der Verfassungsschutz in der rechten Szene kräftig mitmischt.
Im Anschluss an den dritten Teil zeigt die ARD den Dokumentarfilm „Der NSU-Komplex – Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd“ von Stefan Aust und Dirk Laabs.