Es wird viel getrunken und gegessen in „Return to Seoul“. Essenzielle Dinge im südkoreanischen Alltag, denn es geht im Drama von Davy Chou um ein schmerzhaftes Thema, das bis heute eine tiefe Wunde in der stolzen Nation hinterlässt. Freddie (mit entzückendem Schmollmund: Ji-Min Park) ist eines der Kinder, die einst nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurden, als das Land noch nicht so aufblühte wie heute. Die Mittzwanzigerin wuchs in Paris auf und will nun in Seoul ihre leiblichen Eltern kennenlernen.
„Return to Seoul“: der Vater ist neu verheiratet
So sitzt sie also am Tisch der großen Familie ihres wieder neu verheirateten Vaters – die Mutter meldet sich einfach nicht – und es wird gegessen, bedauert und geweint ob des frühen Weggangs der Tochter. Die im Westen sozialisierte Freddie sieht dem emotionalen Treiben unterkühlt zu, und für den Zuschauer wird diese bizarre Situation noch dadurch verschärft, dass die Tante Freddies englische Worte für den Papa jeweils ins Koreanische übersetzen muss. Lost in Translation.
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So schafft es Davy Chou mit einprägsamen Mitteln, sowohl die Emotionen der Familie als auch den Zwiespalt der Protagonistin widerzuspiegeln. Der Schmerz des schuldbewussten Vaters, der sich in Alkohol und eine Fülle von Textnachrichten stürzt, wird dabei genauso deutlich wie Freddies Orientierungslosigkeit, die sich immer dann in eine eigenwillige Tanzeinlage oder gleich ins komplette Partyleben wirft, wenn ihr die neue, alte Familie zu nahe kommt.
Oder sich einfach mal den Soju selbst einschenkt, als ihn sich der südkoreanischen Tradition entsprechend von anderen eingießen zu lassen. Denn: Wer um seine wahre Familie betrogen wurde, legt auf Etikette keinen Wert.