Berlinale

Leonie Benesch hat nie Heimweh, aber immer Sonnencreme

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Dirk Krampitz
14.09.2018, Berlin: Die Schauspielerin Leonie Benesch erhält den Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie "Schauspielerin in einer Nebenrolle".

14.09.2018, Berlin: Die Schauspielerin Leonie Benesch erhält den Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie "Schauspielerin in einer Nebenrolle".

Foto: Jörg Carstensen / dpa

Die Schauspielerin ging zum Studium nach London, wurde währenddessen mit Babylon Berlin bekannt, nun ist sie Berlinale-Shootingstar.

Berlin. Es wäre ein perfekter Start für eine Karriere gewesen, aber Leonie Benesch zog erst mal die Vollbremse. 2009 war sie 18, spielte eine Hauptrolle in „Das weiße Band – eine Deutsche Kindergeschichte“ des österreichischen Regisseurs Michael Haneke. Der Film wurde mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet, auch Benesch wurde für ihre Rolle der Eva ausgezeichnet. Nach Cannes war ihr die Aufmerksamkeit sicher.

Doch Leonie Benesch entschloss sich, entgegen dem Rat vieler aus der Branche, eine Pause einzulegen, um die Schauspielerei richtig zu lernen. Das passt zu ihr. Sie habe schon als Kind „mit einer gesunden Mischung aus Glück und purer Sturheit“ auf ihr Glück und ihren Fleiß vertraut, um ihre Ziele zu erreichen.

Zum Studium an eine Londoner Schauspielschule

Benesch wurde in Hamburg geboren, ihre Familie hat internationale Wurzeln: Ihr Vater kommt aus der rumänischen Region Transsilvanien, ihre Großmutter ist Französin. Zum Schauspielstudium ging sie nach London, studierte an der „Guildhall School of Music and Drama“, von 3000 Bewerbern werden gerade einmal 30 angenommen, vor ihr haben das etwa James-Bond-Darsteller Daniel Craig und „Star Wars“-Star Ewan McGregor geschafft.

London als Stadt ist nicht billig, die Schule kostet dazu auch noch 10.000 Euro pro Jahr. Mit Hilfe von Freunden und kleineren Schauspiel-Jobs schaffte sie es, finanziell über die Runden zu kommen. „Da gibt es einige Rollen in meinem Lebenslauf, die ich übernommen habe, weil ich das Geld brauchte. Ich bereue das nicht, sie haben mir geholfen, über die Runden zu kommen und für mein Studium zu zahlen, aber es wäre schön, wenn ich ein oder zwei von ihnen einfach so löschen könnte…,aber ich verrate nicht welche!“, erzählt sie lachend.

Schon als Kind mit dem Zirkus unterwegs

Leonie Benesch hat das Talent, sich mit dem Leben und wechselnden Umständen zu arrangieren. „Heimweh kenne ich nicht“, sagt sie. Schon als Kind war sie mit einem Kinderzirkus einmal im Jahr auf großer Tournee. Für sie sei das „das Größte“. „Wenn ich in London bin, vermisse ich oftmals Berlin, wenn ich in Berlin bin, vermisse ich London. Ich versuche es normalerweise umgedreht anzuschauen: Wie herrlich, dass ich mich an beiden Orten zu Hause fühlen kann!“

Zuhause sei immer dort, wo sie sich zu gegebener Zeit entschieden habe zu wohnen. „Ohne in ein Klischee verfallen zu wollen, muss ich auch sagen, dass ich ein sehr großes Gefühl von Vertrautheit oder vielleicht Heimat empfinde, wenn ich von Menschen umgeben bin, die ich liebe.“ In England seien ihr dann aber typische deutsche Eigenheiten aufgefallen: „Beinahe unhöfliche Direktheit, Handtücher auf Liegestühlen, gute Baumärkte, isolierte Fenster, ordentliche Mülltrennung.“

Noch während des Studiums wurde Benesch für „Babylon Berlin“ gecastet. „Das war mein Praktikum“, sagt sie rückblickend. Wie im „Weißen Band“ spielte sie auch bei Babylon Berlin an der Seite von Christian Friedel (in der Rolle von Polizeifotograf Reinhold Gräf). Sie fiel in ihrer Rolle als Hausmädchen Greta dem Komplott eines falschen Nazi-Freundes zum Opfer. Ihm zuliebe platzierte sie eine Bombe im Hause ihres Dienstherren und wurde für das Attentat hingerichtet.

Preis für Babylon Berlin

2018 erhielt sie für ihr eindringliches Spiel in der Nebenrolle den Deutschen Schauspielpreis. Und diesmal war sie bereit für ihre Karriere: Nach einer kleineren Rolle in der britischen Serie „The Crown“ folgten weitere Serienrollen unter anderem in „Spy City“ und „Around the World in 80 Days“.

Nun gehört Benesch zu den zehn europäischen „Shootingstars“, die zur nächsten Berlinale (16. bis 26. Februar) ausgezeichnet werden. Die Jury zeigte sich beeindruckt von Beneschs Darstellung einer idealistischen Lehrerin in dem Film „Das Lehrerzimmer“ des Berliner Regisseurs Ilker Catak. „Sie zeigt eine Noblesse und Aufrichtigkeit des Charakters, die über den Schulalltag hinausgeht, und lässt das Publikum raten, was als Nächstes passieren wird“, lobt die Jury.

Dreharbeiten und Jacken shoppen weltweit

Der Film soll im kommenden Jahr herauskommen. Das Frühjahr wird Leonie Benesch aber den endgültigen Popularitätsschub bringen. Denn in der Verfilmung von Frank Schätzings Science-Fiction-Thriller „Der Schwarm“ spielt sie eine Wissenschaftlerin. Die Dreharbeiten der ZDF-Großproduktion fanden ab Mai 2021 unter anderem in Italien Belgien, Kanada, Peru und Norwegen statt. Drehpausen auf der ganzen Welt nutzt die Schauspielerin für die Suche nach Jacken. „Man kann nie zu viele Jacken haben, oder?“, erklärt sie ihren Fimmel. Wichtiger ist der rothaarigen Schauspielerin mit der hellen Haut eigentlich nur noch Sonnencreme. „Weil ich ohne sie verbrenne. Sogar im März in London.” Sie wird sie auch zur Berlinale mitbringen.

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