Staatsballett Berlin

Marian Walter: „Ich habe die Ehrung nicht erwartet“

| Lesedauer: 4 Minuten
Volker Blech
Zwei Stars des Staatsballetts Berlin: Marian Walter als Basil in „Don Quixote“ gemeinsam mit Primaballerina Polina Semionova.

Zwei Stars des Staatsballetts Berlin: Marian Walter als Basil in „Don Quixote“ gemeinsam mit Primaballerina Polina Semionova.

Foto: Maurizio Gambarini

Seine kurze Dankesrede hat er schon vorbereitet: Marian Walter wird der Titel „Berliner Kammertänzer“ in der Staatsoper verliehen.

Marian Walter wird nach der Vorstellung von „La Bayadère“ am Sonnabend, das wird gegen 22 Uhr sein, auf der Bühne der Staatsoper Unter den Linden bleiben, denn Berlins Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert wird ihm den Ehrentitel „Berliner Kammertänzer“ überreichen. Im Staatsballett Berlin wird der Erste Solotänzer das einzige Ensemblemitglied mit dem Titel sein. Primaballerina Polina Semionova, die „Berliner Kammertänzerin“ ist, wird als Gaststar geführt. „Als ich es erfahren habe, fühlte ich mich unheimlich geehrt“, sagt der 37-jährige Marian Walter: „Ich habe die Ehrung nicht erwartet. Ich finde es gut, dass ich mit dem Titel noch tanzen darf.“

Denn früher wurde der Titel am Ende einer aktiven großen Tänzerlaufbahn in der Compagnie verliehen. Zuletzt erhielten ihn Vladimir Malakhov (2014) und Michael Banzhaf (2017) in ihren Abschiedsphasen. Selbstredend gibt es in Berlin „Verwaltungsvorschriften über die Verleihung von Ehrentiteln“ (2014), was Staatsschauspieler, Kammersänger oder Kammertänzer betrifft. Voraussetzung sind demnach „hervorragende künstlerische Leistungen“. Und der zu Ehrende muss „mindestens fünf Jahre in Berlin ununterbrochen einem Theater oder Kulturorchester“ fest angehört haben. Darüber hinaus wird „eine gleichmäßige Verleihung der Titel an Frauen und Männer“ angestrebt. Kriminellen kann der Titel wieder aberkannt werden. Geld gibt es nicht.

findet im Foyer des Staatsballetts statt. Plötzlich steht Iana Salenko leicht verschwitzt neben uns, sie trägt ein kleines Bäuchlein vor sich her. Das zweite Kind wird erwartet. Die Erste Solotänzerin des Staatsballetts ist ebenso fröhlich gestimmt wie ihr Ehemann. „Ich bin stolz“, sagt die ukrainische Spitzentänzerin: „Es ist eine richtige Entscheidung, dass ein Deutscher Kammertänzer wird.“

Tatsächlich wird der Anteil deutscher Balletttänzer über die Jahre hinweg immer geringer. Der künstlerische Nachwuchs bleibt aus. „Wenn man woanders hinfährt“, sagt Marian Walter, „dann ist es schon außergewöhnlich, wenn ein Deutscher auf diesem Niveau tanzt.“ Was das Ballett angeht, fühlt sich Marian Walter schon in der russischen Tradition.

„Romeo und Julia“ war 2012 eine Überraschung. Das Paar Salenko/Walter war nur dritte Besetzung. Dann mussten sie in der Premiere einspringen. Das war noch in der Intendanten-Ära von Vladimir Ma­lakhov. Da sei er nur einer unter vielen gewesen, sagt Walter. „Unter Nacho Duato habe ich viel gemacht, ich war seine erste Wahl.“ Jetzt ist Johannes Öhman im Amt und hat sich einige Topleute mitgebracht. „Es gibt wieder mehr Konkurrenz“, sagt Marian Walter: „Man muss sich noch mal beweisen, die anderen sind ja alle jünger.“

Im Idealfall tanzt er noch mit 42 Jahren

„Ich fühle mich körperlich gut“, betont der 37-Jährige. „Man kennt seinen Körper besser als früher. Man legt mehr Wert auf die Ausstrahlung und die Rolle. Was viel mehr Spaß macht, als immer nur an die Technik zu denken.“ Aber man wisse, dass es als Tänzer irgendwann zu Ende gehe, meint er. „Ich glaube, wenn nichts dazwischenkommt, kann ich bis 41, 42 tanzen. Es ist die Frage, ob man den Lebensvertrag angeboten bekommt oder vorher gehen muss.“ Die Entscheidung steht bei ihm in zweieinhalb Jahren an. Es ist üblich, dass Startänzer nach ihrer aktiven Karriere Ballettmeister oder Lehrer werden. Aber über diese Dinge scheint Marian Walter derzeit nicht weiter nachzudenken.

Über seine Dankesworte für morgen hingegen schon. „Ja, ich habe ein paar Sätze aufgeschrieben. Aber die Leute kommen doch nicht in die Vorstellung, um mich reden zu hören. Ich soll tanzen.“ Und dann hat er, der Bescheidene, auch gleich noch eine passende Ausrede parat: „Polina hat ja auch nichts gesagt.“