Operndiva Cecilia Bartoli und Daniel Barenboim geben ein Benefizkonzert zugunsten der Staatsoper. Ein Treffen nach der ersten Probe.

In seinem Dirigentenzimmer hat Daniel Barenboim einen bequemen Sessel stehen. Nach der Probe lässt er sich wieder darin nieder, zündet sich diesmal aber keine Zigarre an. Vielleicht, weil die Operndiva ihm gegenüber auf ihre Stimmbänder achten muss? Mezzosopranistin Cecilia Bartoli ist am Donnerstag in Berlin angekommen, am Sonntag geben der Dirigent und Pianist Barenboim und die italienische Sängerin Cecilia Bartoli ein Benefizkonzert in der Philharmonie. Ihr erstes Gespräch verläuft in fröhlicher Vertrautheit, beide kennen sich schon lange.

Barenboim erzählt sofort die – wie er betont – wahre Geschichte ihrer ersten Begegnung. Es war 1988 in seinem letzten Jahr als Chef beim Orchestre de Paris. „Ich hatte einen besonders schweren Tag mit Proben, kam um 9 Uhr abends nach Hause, müde, hungrig. Aber meine Frau sagte, Du musst jetzt Fernsehen gucken“, so Barenboim. Es fand eine Übertragung aus der Pariser Oper in Erinnerung an Maria Callas statt. Cecilia Bartoli war dabei. „Am nächsten Tag habe ich anrufen lassen, dass sie bitte zum Vorsingen kommt.“ Die junge Römerin, Jahrgang 1966, kam, und seither haben beide regelmäßig in Konzerten und Aufnahmen musiziert. Auch bei den Philharmonikern oder an der Staatsoper, wo Cecilia Bartoli in Mozarts „Nozze di Figaro“ und „Don Giovanni“ mitsang.

Ein überraschender Anruf von Herbert von Karajan

„Einige Tage später“, erinnert sich Barenboim an die Anfangszeit ihrer Karriere, „bekomme ich einen Anruf von Herbert von Karajan, mit dem ich vorher nie telefoniert hatte. Er habe gehört, sagte Karajan, dass ich eine außergewöhnliche italienische Mezzosopranistin habe. Ob sie die h-Moll-Messe von Bach singen könnte? Ich sagte, dazu möchte ich mich nicht äußern, aber holen Sie sie zum Vorsingen. Sie werden große Freude daran haben“. So kam es auch, nur fand jene h-Moll-Messe nicht mehr statt, weil Karajan verstarb. Barenboim und Bartoli waren beim Gedenkkonzert für Karajan in Salzburg dabei.

Am Sonntag singt Cecilia Bartoli – wie es zuvor bereits Anna Netrebko und Placido Domingo taten – im Benefizkonzert zugunsten der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden. Warum tut sie das? „Ich denke, dass es sehr wichtig ist für die Musik, die Kultur, für Daniel, für mich – für uns alle“, sagt die Sängerin: „Ich denke, Kunst, Musik und Kultur im Allgemeinen sind die Nahrung für unsere Seele, und um das für die künftigen Generationen zu bewahren, müssen wir das unterstützen.“

Benefizkonzert für das künstlerische Programm

Das Benefizkonzert sei nicht für den Bau, betont Barenboim, „sondern für das künstlerische Programm. Das Schiller-Theater ist ja kleiner als die Staatsoper, dadurch haben wir geringere Einnahmen.“ Große Opernprojekte wie die „Elektra“ von Richard Strauss, deren Premiere gerade im Schiller-Theater gefeiert wurde, wären ohne diese Unterstützung nicht möglich.

Im Benefizkonzert wird Cecilia Bartoli „Arianna a Naxos“ für Mezzosopran und Klavier von Haydn sowie drei Arien von Mozart singen. „Durch Maestro Barenboim, durch Daniel, bin ich da, wo ich jetzt bin“, sagt Cecilia Bartoli. „Durch ihn lernte ich die Musik Mozarts, die Musik Haydns kennen – und das war so ein wichtiger Schritt in meiner Karriere.“ Denn italienische Sänger, so Bartoli, seien mit dem Mozart-Repertoire nicht so vertraut.

Mozart ist aristokratisch, Haydn plebejisch

Die italienischen Sänger hätten eine andere Kultur, sagt Barenboim. Und macht es gleich an den Rezitativen in den Opern fest. „Natürlich kann jeder von uns die Sprache einstudieren, aber das Rubato in der Sprache kann nur ein Italiener machen.“ Cecilia Bartoli hält Mozart für den Komponisten, „der vermutlich am schwierigsten aufzuführen und am schwierigsten zu singen ist. Man hat diese Reinheit, diese Tiefe, diese Einfachheit – was generell überhaupt am schwierigsten zu erreichen ist. Aber es gibt auch die Kontrolliertheit der Gefühle.“ Bei Haydn sei es anders. „Haydn ist erfinderischer.“ Und dabei schaut die Sängerin Barenboim an. Der hakt sofort ein. „Es stimmt schon, wenn man sagt, Mozart ist aristokratisch und Haydn ist plebejischer. Plebejer in dem Sinne, dass seine Musik sehr direkt ist.“

Was Barenboim und Bartoli auch verbindet, beide sind Intendanten. Barenboim leitet die Staatsoper und Bartoli die Salzburger Pfingstfestspiele. Aber darüber wollen sie jetzt nicht reden. „Nein“, sagen beide sofort. „Das ist langweilig.“ Worüber sie in diesen Tagen auf jeden Fall reden wollen, so Barenboim, seien Cecilia Bartolis nächste Projekte für Berlin.

Philharmonie am 30. Oktober 2016 um 20 Uhr. Tel. 20354555