Architektur

Berliner Schloss: Manfred Rettig hört vorzeitig auf

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BM

Manfred Rettig, Leiter der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum, gibt sein Amt überraschend auf

Manfred Rettig, Leiter der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum, gibt sein Amt überraschend auf

Foto: Rainer Jensen / dpa

Überraschender Abgang: Bereits Ende Februar verlässt der Chef der Stiftung Humboldt-Forum seinen Posten.

Die Stiftungsratssitzung am Dienstag verlief nicht unbedingt so, wie es die meisten Teilnehmer erwartet hatten. „Eher nebenbei“ habe Manfred Rettig seinen vorzeitigen Abschied verkündet, berichtete ein Sitzungsteilnehmer der Berliner Morgenpost. Ein anderer erzählte, dass vor allem Florian Pronold (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbauministerium und Vorsitzender des Stiftungsrates, gesprochen habe, während Manfred Rettig kaum etwas gesagt habe, nur dass man jetzt beim Bau nicht mehr viel falsch machen könne und er seine Aufgabe als erledigt ansehe.

„Genug Leute erlebt, die man aus dem Amt tragen musste“

Ein seltsamer Abgang, eine seltsame Begründung, gerade für jemand, der den Schlossbau in der Öffentlichkeit immer als sein Herzensprojekt dargestellt hatte. „Mich hat der Rückzug von Manfred Rettig überrascht“, so Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, gegenüber der Berliner Morgenpost. Nun gehe es darum, einen adäquaten Nachfolger zu finden, der dafür sorge, dass „der technisch nicht unkomplizierte Innenausbau mit der gleichen Professionalität gelingt“. Im März soll der Nachfolger benannt werden.

Rettigs vorzeitiges Ausscheiden kommt auch daher überraschend, hatte er doch stets betont, dass er bis Fertigstellung des Schlosses in seinem Amt bleiben werde. „Ich bleibe dem Projekt ja auch künftig erhalten, wenn auch in anderer Funktion“, erklärte Rettig seinen Schritt gegenüber der Berliner Morgenpost. Rettig wird aber in Zukunft ehrenamtlich im Kuratorium des Berliner Schlosses mitarbeiten. „Dort werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass der Bauablauf nicht ins Stocken kommt“, so Manfred Rettig. Zudem werde er im März dieses Jahres 64 Jahre alt und sei somit schon seit einem knappen Jahr pensionsfähig. „Ich habe schon genug Leute erlebt, die man aus dem Amt tragen musste – zu diesen will ich nicht gehören.“

Noch vor einem Jahr hatte er dies anders gesehen und seinen Vertrag noch einmal verlängert. Allerdings habe er, wie es in Stiftungskreisen heißt, bereits bei der Vertragsverlängerung ausverhandelt, dass er unkompliziert aus dem Vertrag ausscheiden könne. In der Vergangenheit hatte Manfred Rettig immer wieder mit Rücktritt gedroht, falls es noch Veränderungen an dem Bau geben sollte. Zu Verstimmungen kam es insbesondere, als Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Anfang 2015 überraschend ankündigte, dass Berlin auf seinen 4000 Quadratmeter Ausstellungsfläche im Berliner Schloss nicht mehr die „Welt der Sprachen“, sondern die „Welt.Stadt.Berlin“ präsentieren will.

„Einiges im Bereich der Nutzung des Humboldt-Forums ist reichlich spät gekommen“, kritisierte Rettig denn auch am Dienstag wieder und ließ keinen Zweifel daran, dass es für den termingerechten Weiterbau des Humboldt-Forums eine wichtige Voraussetzung gibt: „Großprojekte wie der BER in Schönefeld zeigen ja, wie gefährlich Umplanungen im Bauablauf sind“, sagte er. Er werde seinem Nachfolger eine gut bestellte Baustelle hinterlassen. „Wir sind kurz vor der Schlussrechnung im Rohbau, und auch die Ingenieurplanung ist fertig, und auch der Spendenfluss hat sich erfreulich entwickelt“, sagte Rettig. Der Innenausbau werde nur Probleme machen, wenn man Veränderungen vornehme.

Das Berliner Stadtschloss soll 2019 eröffnet werden, als Gesamtkosten waren bislang 590 Millionen Euro geplant. Der Anteil des Bundes beträgt 478 Millionen Euro, das Land Berlin zahlt 32 Millionen Euro, über Spenden werden 80 Millionen Euro angestrebt. Manfred Rettig, der seit 2009 im Amt ist, hatte immer wieder betont, dass der Wiederaufbau nach Plan verlaufe und eine Kostensteigerung wie etwa bei der Elbphilharmonie auszuschließen sei. Am 12. Juni 2015 feierte der Bau Richtfest.

Fest steht: Im Stiftungsrat gab es Animositäten

Intern hatte Manfred Rettig Kritiker, die ihm vorwarfen, das er das Berliner Stadtschloss zu seiner eigenen Erfolgsgeschichte machen würde. Er schaffte zudem bauliche Fakten, auch wenn die Konzepte sich änderten. Er solle sich um den Bau kümmern und nicht um die Inhalte, hieß es. Im Sommer sagte er gegenüber dem „Focus“, dass er sich auch zutrauen würde, den Flughafen BER zu retten, was den Vorwurf der Selbstherrlichkeit nährte. Sein vorzeitiger Abgang kommt nicht überall gut an. „In dem Stadium des veredelten Rohbaus war selbst BER im Zeit- und Budgetrahmen“, sagt einer, der mit den Interna des Berliner Stadtschlosses vertraut ist. Das Bundesbauminsterium betont in der eigenen Pressemittelung, dass „das Bauvorhaben in die entscheidende Phase“ geht: „Der Rohbau steht, die Anbringung der barocken Fassadenelemente schreitet gut voran, nun folgen Innenausbau und technische Gebäudeausrüstung.“

Als Rechtskonstruktion für das Gründungsteam um Neil MacGregor wird nun eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung geschaffen – die Humboldt-Forum Kultur GmbH. Deren Geschäftsführer wird gleichzeitig als Kulturvorstand in der derzeit verantwortlichen Baustiftung sitzen. „Damit haben wir die notwendige Vernetzung und rücken das eigentliche Kulturvorhaben in den Vordergrund“, hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bereits im Dezember das Vorhaben begründet. Die Kultur GmbH versteht sich als Übergangskonstruktion, die aufgelöst wird, sobald der Bau fertig ist. Das hätte für Rettig einen Machtverlust bedeutet. Die inhaltliche Oberhohheit liegt dann beim Bundeskanzleramt. Die neue Konstruktion habe den Vorteil, dass sie „ohne Doppelfunktion“ auskomme und „ohne Gegeneinander“, heißt es intern.

„Damit ist der Gordische Knoten geplatzt“, meinte Florian Pronold. Animositäten hätte es innerhalb des Stiftungsrates schon gegeben, „oft bei Lappalien“, aber das sei bei Großprojekten mit verschiedenen Partnern wie diesem normal.