„Jugend musiziert“

Starpianist Lars Vogt präsentiert Klassik-Talente von morgen

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Felix Stephan

Foto: MUTESOUVENIR/KAI BIENERT

Fast jeder deutsche Klassikmusiker hat an „Jugend musiziert“ teilgenommen. Nun feiert der Wettbewerb im Konzerthaus sein Jubiläum. Dabei treten frühere Preisträger mit ihren Nachfolgern auf.

Ein bisschen sieht er zum Fürchten aus, der Lars Vogt. Kahl geschoren, kantig, gedrungen. Verkniffener, buschig strenger Blick. Doch das täuscht. Wer den Pianisten kennt, ihn abseits der Bühne erlebt hat, weiß: Vogt ist eigentlich ein ganz lieber Kerl. Einer mit dem Herzen am richtigen Fleck. Jemand, der für die klassische Musik brennt, sie selbstlos und ehrenamtlich in Schulklassen trägt. Jemand, der sich schon seit Jahren für Kammermusik starkmacht und eigens dafür das Musikfestival in Heimbach gegründet hat. Für das 50jährige Jubiläum von „Jugend musiziert“ ist Vogt nun der ideale Pate, ein attraktives Aushängeschild in dreifacher Hinsicht: ehemaliger Preisträger des Wettbewerbs, international erfolgreich, vorbildlicher Kümmerer um den musikalischen Nachwuchs.

Vier jugendliche Bläser

Den ersten Abend des Jubiläums gestaltet er aktiv mit. Nimmt gleich zu Beginn vier jugendliche Bläser in Mozarts Es-Dur-Quintett KV 452 an die Hand. Vogts frischforscher Klavierton fordert heraus, animiert. Zwischendurch bietet er auch immer mal wieder eine starke Schulter zum Anlehnen. Viel Platz zur klanglichen Entfaltung bleibt den jungen Preisträgern im Mozart-Quintett allerdings noch nicht. Und das liegt vor allem an der Komposition an sich: Klavier ist König, die Bläser dienen. Jakob Steinsiek blüht dann in Saint-Saëns‘ Fagott-Sonate op. 168 so richtig auf. Zaubert an der Seite seines Bruders Valentin wendige, warme Kantilenen. Schlägt sich wacker im verflixten Allegro scherzando.

Und noch einmal Saint-Saëns nach der Pause, nun die Oboensonate op. 166. Die Koreanerin Yeon Su Nam, Jahrgang 1998, schmeichelt den Publikumsohren mit einem so ausgewogenen, erhabenen Oboenton, dass man ihr ohne weiteres eine große Zukunft wünschen möchte. Rundum beeindruckend auch ihre einfühlsame Begleiterin, die 15jährige Pianistin Lea Heimsoeth.

Ein ordentlicher Batzen Brahms

Zum Schluss ein ordentlicher Batzen Brahms. Wieder mit Lars Vogt am Flügel. Das sperrige Horntrio, eines seiner Lieblingsstücke, zieht er ziemlich souverän aus dem Ärmel. Gönnt sich Freiheiten, die wohl so manche „Jugend musiziert“-Kommission in einer Wettbewerbssituation kritisch beäugen würde. Doch es funktioniert. Mit den Geschwistern Luisa und Tillmann Höfs, Violine und Horn, schlägt er ordentlich Funken aus der Partitur. Verwächst mit seinen Partnern zum eingeschworenen Ensemble, bläst zum Angriff, meditiert, lässt romantische Wälder rauschen.

Den schwierigsten Job des Abends hat der Hornist. Was Brahms da in seinem Trio vom 17-jährigen Tillmann Höfs verlangt, ist anspruchsvoller als die meisten Solokonzerte der Hornliteratur. Hut ab vor so viel jugendlicher Unerschrockenheit und beherztem Zupacken!

Kammermusik vom Feinsten

„„Kammermusik vom Feinsten“, hatte eine schnell talkende Andrea Thilo versprochen. Die Anmoderatorin des Abends findet noch andere lobende F-Wörter, um Appetit auf das mehrtägige Jubiläum zu machen. „Fulminant“ seien die Proben gewesen, die sie miterleben durfte. „Faszinierend“ die jugendlichen Künstler, denen sie begegnet sei. Als gutvernetzte Medienfrau schwärmt sie verständlicherweise von den tollen Beziehungen, die sich durch „Jugend musiziert“ knüpfen lassen. Die Beziehung zum eigenen Instrument, zu gleichgesinnten Jugendlichen, zu erfahrenen Pädagogen, die einem wertvolle Tipps geben können.

Der erste Weg ins Rampenlicht

Ganz ehrlich: Noch spannender und informativer wäre es gewesen, Lars Vogt das Mikrophon in die Hand zu drücken. Oder ein paar frischgebackenen Preisträgern. Im Programmheft werden einige zitiert, man erhält einen Eindruck, warum dieser „Jugend musiziert“-Wettbewerb so einzigartig und unverzichtbar ist. Als Wegbereiter großer Karrieren, als erste Möglichkeit, Podiumsluft zu schnuppern. Als Gelegenheit, sich Publikum und fachkundiger Jury zu stellen. Als Anlass, zielgerichtet wie ein Profi zu ackern. Sich tragen zu lassen von dem Erfolg, sich von Wettbewerb zu Wettbewerb zu steigern. Oder aber auch um frühzeitig einzusehen: Nee, das Rampenlicht ist nichts für mich.

Insgesamt bis Sonntag dauern die Wettbewerbsfeierlichkeiten im Konzerthaus noch an. Am Sonnabend um 20 Uhr ist es an Geigerin Viviane Hagner, einen zweiten „Jugend musiziert“-Kammermusikabend meisterlich anzuleiten.