Artothek

14.800 Kunstwerke suchen in Berlin eine neue Heimat

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Stefan Kirschner

Foto: Landesamt für Gesundheit und Soziales

Die landeseigene Artothek muss ihre Räume in Berlin-Wedding räumen, weil der Vermieter zum Jahresende gekündigt hat. Die Sammlung sollte nach Beeskow ausgelagert werden, doch die Pläne haben sich zerschlagen

Der Baselitz ist weg. Die Berlinische Galerie hat ihn ausgeliehen. Auch in Behörden, Firmen und Privatwohnungen hängen Bilder aus der Artothek der Sozialen Künstlerförderung. Möglicherweise droht demnächst einer Zwangsausleihe: Denn zum Ende dieses Jahres sind der Artothek die Räumlichkeiten an der Gustav-Meyer-Allee 25 in Wedding durch den Eigentümer GSG gekündigt worden. Wo die 14.800 Kunstwerke künftig untergebracht werden, ist völlig unklar.

Die Geschichte der Sammlung ist eng mit der Berlins verknüpft. Die Künstlerhilfe wurde als Teil eines Notstandsprogramms auf Beschluss des Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter eingerichtet, damit Künstler im zerstörten Nachkriegs-Berlin weiterhin in ihrem Beruf arbeiten konnten. Der Wiederaufbau kam voran, die Stadt wurde geteilt, die Mauer fiel, die Künstlerförderung lief weiter. Bis Ende 2003, da wurde das Förderprogramm auf Beschluss des Abgeordnetenhauses nach 53 Jahren aus finanziellen Gründen eingestellt.

Einige Maler wurden berühmt

Übrig geblieben ist die Sammlung. Denn die unterstützten Maler, Bildhauer oder auch Fotografen erhielten für ihre Arbeit ein Entgelt, außerdem wurden die Materialkosten ersetzt. Als Gegenleistung mussten die Künstler das geförderte Werk dem Land Berlin übergeben. Zeitweilig gab es auch die Vorgabe, dass sich die Arbeit auf Berlin beziehen solle. So kamen knapp 15.000 Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Aquarelle, Zeichnungen, Drucke, Fotos zusammen, darunter viele verschiedene Ansichten von bekannten Plätzen. Die Sammlung enthält auch frühe Werke von heute recht bekannten Künstlern wie Georg Baselitz, Johannes Grützke, Cornelia Schleime oder Markus Lüpertz.

Vorausgesetzt, sie sind noch da. Vor zehn Jahren kam bei einer Bestandsaufnahme durch die Investitions Bank Berlin heraus, dass einige Bilder, beispielsweise von Eugen Schönebeck, fehlten. Obwohl bis zu diesem Zeitpunkt lediglich die Verwaltung ausleihberechtigt war. Das hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales, das für die Artothek zuständig ist, mittlerweile geändert, die Erweiterung des Kundenkreises soll auch der Refinanzierung der Ausgaben dienen.

Einige Werke wurden verkauft

So richtig glücklich ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit den Kunstwerken nicht. In den vergangenen zehn Jahren „gab es diverse Versuche, die Sammlung der Artothek abzugeben, aber alle Versuche sind erfolglos verlaufen“, sagt Silvia Kostner, die Sprecherin des Landesamtes, auf Anfrage. Andere Museen winkten angesichts der Vielzahl der Objekte ab. Auch die Senatskulturverwaltung lehnte eine Übernahme ab, der Verkauf als Ganzes scheiterte ebenso wie die Integration in andere Sammlungen.

Ein paar Werke aus der Sammlung wurden „im Ausnahmefall“ verkauft, das erbrachte knapp 16.000 Euro. Demnach erwarb die Deutsche Bahn 2006 neun Stücke, eine Künstlerin habe außerdem 2008 ein eigenes Werk zurückgekauft. Zuletzt war vorgesehen, die Bestände der Artothek mit der Sammlung ostdeutscher Kunst des Kunstarchivs Beeskow, dort sind viele DDR-Auftragswerke archiviert, zu verschmelzen. Ein geplanter Neubau in der ostbrandenburgischer Stadt scheiterte aber, weil die EU die beantragte Förderung ablehnte. Möglicherweise gibt es irgendwann einen neuen Antrag.

Das nützt der Sammlung aktuell nichts: Jetzt soll der „Raumbedarf ermittelt werden“, um dann nach einem Ersatzstandort zu suchen, betont Kostner. Viel Zeit bleibt nicht mehr. „Wir brauchen keine Zwischen-, sondern eine Dauerlösung“, fordert Sabine Bangert. Für die kulturpolitische Sprecherin der Grünen ist die Sammlung „ein Stück Zeitgeschichte“.