Berlin. Bei der musikalischen Bandbreite lassen Elvis Costello und Steve Nieve live bei ihrem Konzert in der Verti Music Hall nichts aus.

Auf einmal ist es da, dieses Wahnsinns-Timbre von Elvis Costellos, mit dem der britische Weltstar ein ums andere Mal für Gänsehaut sorgt. Es zerreißt einem schier das Herz, wenn er den Liebes-Abgesang "In The Darkest Place" voller Wehmut singt. Dafür gibt es stürmischen Applaus. Wie so oft an diesem Abend, an dem Costello auch immer wieder ins Plaudern kommt. Nebenher erzählt er, dass er und Steve Nieve, der ihn an allen Tasteninstrumenten begleitet, sich seit 45 Jahren kennen. Nieve war in Costellos Band The Attractions und ist aktuell in seiner Begleitcombo The Imposters. Gemeinsam haben sie bereits mehrere Tourneen als Duo absolviert.

Jetzt haben die beiden gut behüteten Fedora-Liebhaber mit ihrer Zwei-Mann-Show in der Verti Music Hall Station gemacht. Ganz umweltbewusst sind sie von Hamburg mit dem Zug angereist wo sie am Abend zuvor gespielt haben. Dort seien es definitiv mehr Zuschauer gewesen, sagt Costello mit Blick auf den zu rund zwei Dritteln gefüllten Saal. "Wir sind die wenigen Glücklichen", scherzt er.

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Warum Costello die Musik von Pink Floyd abgrundtief hasst

Bei der musikalischen Bandbreite lassen Elvis Costello und Steve Nieve live nichts aus. Sie bahnen sich ihren Weg durch Elvis Costello & The Attractions-Hits, Costello/ Bacharach-Nummern und eine Auswahl von Costellos Solowerken. Über 20 Songs aus Costellos umfangreichen Backkatalog interpretieren sie auf neue Weise mit beeindruckenden Arrangements und großer Virtuosität. Vorzugsweise akustisch. Und angereichert mit diversen Anekdoten. Dabei erfährt man zum Beispiel, das Costello die Musik von Pink Floyd abgrundtief hasst.

Seine Kompositionen sind indes meilenweit vom Prog- und Art-Rock entfernt. Changieren zwischen lyrischen Melodien und krachenden Riffs und Sounds. Costello hat eine kleine Auswahl an Gitarren dabei, wechselt ständig zwischen der elektronischen und akustischen Variante, spielt dabei grandios mit dem Effektpedal. Nieve sitzt am Flügel oder am Keyboard, holt auch schon mal die Melodica raus und beweist von Anfang bis Ende seine geniale Musikalität.

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Elvis Costello: Das ist der Höhepunkt

Nette, kleine Popsongs sind Elvis Costello bekanntlich zuwider. Der 69-Jährige serviert lieber musikalische Kurzgeschichten. Singt mit großer epischer Geste in sein altes Rundfunk-Mikrophon, was seiner Stimme einen warmen Klang gibt. Ein absoluter Höhepunkt ist „Watching The Detectives“, das die Verti Music Hall dabei in ein Noir-Filmset verwandelt. Und zwar mit einem ganzen Arsenal an unheimlichen Effekten und fein getüftelten Sounds über den steten Beats der Soundmaschine.

Der Hit „I Want You“ beendet das Konzert. Die Menge, die die ganze Zeit in stiller Ehrfurcht gelauscht hat, jubelt mit Standing Ovations. Costello nimmt den Applaus entgegen, faltet seine Gitarre zusammen, setzt seinen Hut auf und geht.