Berlin. In ihrer „Videoschnipselshow“ im Kino Babylon erinnern Naomi Yoeli und Jürgen Kuttner an Schlager in Israel und der DDR.

Zu Beginn schallt „Hava nagila“, das berühmteste und meist interpretierte hebräische Volkslied weltweit, durchs Kino Babylon. „Lasst uns fröhlich sein“ verspricht der Text, aber der Sänger in Uniform präsentiert es in einer fast martialisch penetranten Wiederholungsschleife. „Kibbuz DDR“ hat Jürgen Kuttner seine „Videoschnipselshow“ am Mittwoch überschrieben und sich Naomi Yoeli als Ko-Moderatorin an die Seite geholt. Es ist ein vergnüglicher Abend im Rahmen der Jüdischen Kulturtage Berlin. Während Jürgen Kuttner sich den DDR-Schlager vornimmt, kommentiert Naomi Yoeli die Hintergründe zu israelischen Hits.

Allein der Titel ist schon absurd: Weder gab es einen Kibbuz in der DDR, noch hatte die DDR Interesse am Kibbuzleben in Israel. Die DDR-Diktatur fühlte sich den Palästinensern näher. Kuttner verweist auf seinen Ansatz, weil Israel und die DDR fast zeitgleich gegründet wurden. Und in den frühen Kibbuzim ging es sozialistisch zu. Die beiden Moderatoren hangeln sich also in zehn Videoschnipseln an vergleichbaren Themen entlang. „Von den Grundfragen bis ins Private“, wie Kuttner ankündigt. Später merkt er auch an, dass die Schlager, die er ausgesucht hat, nicht unbedingt ein Hit geworden seien. Der Grund ist schnell nachvollziehbar.

Die „Videoschnipselshow“ mit Jürgen Kuttner und Naomi Yoeli zum Thema „Kibbuz DDR“ im Kino Babylon.
Die „Videoschnipselshow“ mit Jürgen Kuttner und Naomi Yoeli zum Thema „Kibbuz DDR“ im Kino Babylon. © Jüdische Kulturtage

In dem Programm geht es also um das Militär, das Frauenbild, um „Volksbeglückungsmaßnahmen“, wenn etwa ein naiver Pionierchor beinharten Arbeitern mit völlig versteinerten Gesichtern in ihrem Pausenraum ein Liedchen trällern muss, oder um die Sehnsucht nach ferner Exotik. Zu Beginn geht es um das Russische in Israel und der DDR. Schlagersänger Ernst Heise techtelmechtelt mit seiner russischen Angebeteten in einer Zeltplatz-Bibliothek herum, wobei klar ist, wer die Hosen anhat. Für Kuttner ist im Schlager oft auch etwas Politisches zu finden. Überhaupt hat der Moderator Spaß daran, Details mächtig aufzubauschen. Was sehr komisch ist.

Die Juden aus Russland brachten ihr Liedgut nach Israel mit

Naomi Yoeli präsentiert zunächst einen Videoschnipsel, der zeigt, wie die aus Russland kommenden Juden ihr Liedgut mitgebracht haben. Schnell wurden daraus hebräische Songs. Aber es wird bald klar, dass die „Schnipsel“-Verknüpfung von Israel und der DDR schwierig ist. Naomi Yoeli taucht in die Anfänge eines sich wandelnden, aber lebendigen Landes ein. Jürgen Kuttner kann sich hingegen als scharfzüngiger Zeitzeuge über die untergegangene DDR lustig machen.

Naomi Yoeli zeigt einige bezaubernde Fotos aus ihrer Zeit beim Militärdienst. Es sind junge Mädchen in der Küche zu sehen, ihr „Aufnahmeritual“ endete in einem großen Kochtopf. Jürgen Kuttner präsentiert den NVA-Schlager „Die Braut des Soldaten ist die Waffe“. Wieder sitzt ein versteinertes Publikum im TV-Studio. Darüber hinaus geht es um die zweite Generation, die ab Ende der 1960er-Jahre vor allem Spaß haben will. Die junge Chris Doerk singt. Und auch in Israel werden die patriotischen Lieder vom internationalen Musikgeschmack überrollt.