Berlin. Beim 37. Fantasy Filmfest, vom 13. bis 20. September im Zoo Palast, geben die besten Horrorfilme einen Kommentar zur Gesellschaft.

Natürlich geistern sie auch bei der mittlerweile 37. Auflage des Fantasy Filmfestes, das dieses Jahr vom 13. bis 20. September im Zoo Palast stattfindet, über die Leinwände. Untote mit ihren Blutfontänen („We are Zombies“) oder Menschen, die sich vor allem in asiatischen Filmen in Tiere verwandeln („Tiger Stripes“, „Mad Cats“). Und (zum Teil zeichen-)tricktechnisch überwältigende Science-Fiction-Filme („The Moon“, „Mars Express“) laufen neben handelsüblichen Serienkiller-Thrillern („Perpetrator“).

Fantasy Filmfest: Genreperlen auf großer Leinwand

Filme dieser Art wollen allesamt optisch überwältigen und häufig Angst machen, auf der Tonspur mit atonalen Geräuschen Unwohlsein vermitteln und mit subjektiver Kamera Identifikation mit der Hauptfigur in ungemütlichen Settings wie einsamen Tankstellen („Night of the Hunted“) oder sengend heißen Wüsten („God is a Bullet“) vermitteln. Schlichtweg: den Zuschauer sich unwohl fühlen oder bestenfalls alles weglachen lassen, wenn etwa die Fülle der Blutströme zu absurd werden.

Diesen Effekt haben auch dieses Jahr die meisten der 34 Action-, Horror-, Fantasyfilme sowie Thriller, die wie immer in (englischer) Originalfassung oder mit englischen Untertiteln gezeigt werden. Eine perfekte Gelegenheit wie immer, Genreperlen meist einmalig auf großer Leinwand zu sehen, bevor sie im Nirwana von Streamingdiensten, TV- und DVD-Auswertung verschwinden.

Fantasy Filmfest: Clemens Schick zur Eröffnung im Zoo Palast

Dementsprechend versammelt sich Jahr für Jahr eine meist eine so dunkel gekleidete wie treue Fangemeinde zum Fantasy Filmfest für den kollektiven Horrorspaß. Was man allein daran sehen kann, dass in Berlin der immerhin 210 Euro teure Festivalpass mit Zutritt zu allen Filmen (inklusive T-Shirt) längst ausverkauft ist.

Voll wird auch diesem Mittwoch der Zoo Palast Kino 1, wenn Luc Bessons „DogMan“ das Fantasy Filmfest eröffnet. Ein wilder Genre-Mix aus psychotischem Familiendrama und knallbunter Drag-Show, in dem der Protagonist Doug (Caleb Landry Jones) von seinem brutalen Vater (Clemens Schick) buchstäblich den Hunden zum Fraß vorgeworfen wird – die sich aber dann als dessen brutale Beschützer beweisen. Clemens Schick wird zur Vorführung im Kino anwesend sein – und hoffentlich keine Angst verbreiten.

Fantasy Filmfest: Ein Hauch von „The Sixth Sense“

„DogMan“ zeigt dabei eindrucksvoll, wohin gutes Genrekino jenseits des schnellen Schauders führen kann. Tief in die Abgründe einer Familie, tief in die Brüche einer Gesellschaft, tief in die Schuld eines Landes. Was die drei besten Filme des Festivals beweisen: Im kanadischen Mystery-Thriller „Frontiers“ kämpft eine Mutter an der Seite ihrer Tochter in ihrer einsamen Farm an der US-Grenze nach dem Unfalltod des Ehemanns gegen die Dämonen der familiären Vergangenheit.

Mit leisen Effekten, wie den sich ständig öffnenden Schranktüren, vermittelt Regisseur Guy Èdoin in seiner betont unaufgeregten Inszenierung ein stetes Gefühl der Unruhe, das in einem hübschen Überraschungseffekt im Stile von „The Sixth Sense“ gipfelt.

Fantasy Filmfest: Rassismus in englischer Villa

In dem sehr ungemütlichen französischen Thriller „Vincent must die“ wird der Titelheld unvermittelt von Kollegen, Passanten oder Wildfremden angegriffen, sobald er ihnen in die Augen schaut. Die völlig fehlende Erklärung für dieses Verhalten gegenüber einem sehr harmlosen Zeitgenossen trägt diesen stimmungsvollen Film von Stephan Castang, der seinem Helden gnadenlos den Boden unter den Füßen wegzieht – und somit einen zynischen Kommentar zum gesellschaftlichen Miteinander liefert.

Tief in die Rassismusgeschichte Englands taucht dagegen Regisseur Paris Zarcilla, wenn er in „Raging Grace“ eine philippinische Haushälterin in die sprichwörtlich dunkelsten Ecken einer verstaubten britischen Villa schauen lässt.

Fantasy Filmfest: Philippinische Zombie-Parade

Dabei gibt er mit Gothic-Ausstattung, simplen Toneffekten und liebreizenden Menschen, die die fürchterlichsten Geheimnisse haben, einen auch visuell beeindruckenden Einblick in ein System jahrhundertelanger Ausbeutung, die in einer wahren Zombie-Parade philippinischer Angestellter in Luxushäusern kulminiert.

Da sind sie wieder die Untoten. Nicht als Spaßbringer zu Blutfontänen, sondern als Ausdruck dauerexistierender Dämonen, in denen sich kollektiv oder individuell Angst oder Schuld manifestiert.

Tickets gibt es für 12 und 13 Euro unter https://fantasyfilmfest.com/tickets-berlin/