Berlin. Die mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra zeigt ihre multimediale Konzertinszenierung „Silence of Sound“ erstmals in Berlin. Ein Treffen.

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe exzellenter Dirigentinnen, eine von ihnen ist die Mexikanerin Alondra de la Parra. Sie dirigierte bereits wichtige US-amerikanische Orchester wie San Francisco, Dallas und Houston und arbeitete auch mit wichtigen deutschen Klangkörpern wie den Bamberger Symphonikern, der Sächsischen Staatskapelle Dresden und dem hr-Sinfonieorchester bereits zusammen. Seit 2019 lebt die Dirigentin in Berlin, am Mittwoch wird sie im Admiralspalast zu erleben sein.

Geboren wurde sie 1980 in New York in eine musikbegeisterte Familie hinein. Als sie zwei Jahre alt war, zog sie mit ihren Eltern nach Mexiko. Dort begann sie mit sieben Jahren Klavier zu spielen, mit 13 erhielt sie zusätzlich Cello-Unterricht. Bald zeichnete sich ab, dass Alondra de la Parra die Musik zu ihrem Beruf machen würde: „Ich wusste schon früh, dass ich Dirigentin werden wollte, allerdings war klar, dass ich das nicht erreichen würden, wenn ich weiterhin ein übliches Gymnasium in Mexiko mit vielen verschiedenen Fächern besuche. Wir haben dann ein sehr gutes Internat in England gefunden, das ganz auf Musik fokussiert war. Dort habe ich 80 Prozent meiner Zeit in Chören gesungen, in Orchestern gespielt, Cello und Percussion, außerdem habe ich auf einem sehr hohen Niveau Musiktheorie und Kontrapunkt studiert.“

Als Alondra de la Parra mit 16 Jahren nach Mexiko zurückkehrte, konnte sie sich jedoch nicht mehr in die mexikanische Schule einfügen: „Ich habe schließlich die Schule abgebrochen und per Homeschooling meinen Abschluss gemacht. Anschließend habe ich an einer Hochschule mein Kompositionsstudium begonnen.“

Weil es in Mexiko kein Fortkommen gab, ging die Dirigentin nach New York

Ein zentraler Punkt in ihrer Entwicklung als Musikerin war, dass ihre Eltern sie stets darin unterstützt haben, die Dirigentenlaufbahn einzuschlagen. Obwohl sie wussten, dass Alondra de la Parra es als Frau besonders schwer haben würde, da das Dirigentenpult immer noch als männliches Revier galt. Mein Vater sagte: ,Du hast gute Ohren, du liebst Orchestermusik und du hast gute Führungsqualitäten. Eigentlich hast du alles, was ein Dirigent benötigt.’ Auch meine Mutter unterstützte mich.“ Anders äußerten sich jedoch einige Freunde ihrer Familie: „Sie sagten: , Du bist ein Mädchen und willst Dirigent werden? Das ist unmöglich!’“

Da Alondra de la Parra in Mexiko keine Möglichkeit sah, als Dirigentin voranzukommen, beschloss sie mit 20 Jahren nach New York City zu gehen, um an der Manhattan School of Music Klavier und Dirigieren zu studieren. Dort war sie der einzige Dirigierstudent von Kenneth Kiesler, der nur als Gast lehrte und hauptamtlich als Professor für Dirigieren an der University of Michigan tätig war. „Es gab an der Manhattan School kein richtiges Studienprogramm für Dirigierstudenten“, erzählt de la Parra, „deshalb habe ich mir selbst Übungsensembles zusammengestellt und mit den Orchestern geprobt, um sie auf die Arbeit mit Gastdirigenten vorzubereiten.“

Mit gerade einmal 23 Jahren gründete sie 2004 ihr eigenes Orchester. Sie nannte es Philharmonic Orchestra of the Americas (POA), mit ihm möchte sie die Arbeit junger Solisten und Komponisten in Nord- und Südamerika fördern und auf internationale Tourneen gehen. Von Januar 2017 bis November 2019 war sie Chefdirigentin des Queensland Symphony Orchestra in Australien. Dann zog sie nach Berlin.

Das Stück entstand in Zusammenarbeit mit einer mexikanischen Clownin

Ein Ziel von Alondra de la Parra ist es, eine neues und breiteres Publikum für die klassische Musik zu gewinnen. Da die meisten Menschen die vergleichsweise großangelegten und komplexen Sätze klassischer Werke leichter im Zusammenhang mit einem visuellen Geschehen aufnehmen können, plante sie ein multimediales Stück zu schreiben, das sich ausschließlich aus klassischen und zeitgenössischen Meisterwerken speist. De la Parra sieht ihr Werk dabei durchaus in der Tradition von Sergei Prokofjews „Peter und der Wolf“ oder Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“.

Das Stück heißt „The Silence of Sounds“ und de la Parra schrieb es nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit der mexikanischen Clownin Gabriela Muñoz. Sieben Jahre arbeiteten die beiden Künstlerinnen an dem Werk, 2022 gab es mehrere Aufführungen in de la Parras Heimat Mexiko, und am 13. September präsentieren Alondra de la Parra, Gabriela Muñoz und das Deutsche Filmorchester Babelsberg „Silence of Sound“ nun erstmals in Deutschland: im Berliner Admiralspalast. „Das Stück ist lebendig, deshalb ändern wir immer wieder Details daran. Für mich ist es auch eine Art Film.“

Eine weitere Künstlerin, die Entscheidendes zum Projekt beitrug, ist die Designerin Mariona Omedes, die in enger Abstimmung mit de la Parra großflächige Videoprojektionen schuf. Aus dem komplexen und eng choreografierten Zusammenspiel aus Orchestermusik, Omedes’ beeindruckenden Bildwelten und Muñoz’ berührendem Schauspiel entstand „Silence of Sound“ so als eine Art kunstvoll erzählte Traumsequenz. Im Zentrum der Handlung steht die Geschichte einer stummen Protagonistin, die nach und nach mithilfe der Musik ihr eigenes kreatives Potenzial entdeckt und entfaltet. Ihre Weggefährten dabei sind die Instrumente des Orchesters, die sie bis zum Schluss auf der Reise zum eigenen Selbst begleiten: die Oboe, das Cello und die Geige.

Admiralspalast, Friedrichstr. 101, Mitte. Tel. 01806-570070 Am 13.9. um 20 Uhr