Ausstellung

Wie sich junge Künstler mit Künstlicher Intelligenz befassen

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Ulrike Borowczyk
„Je gefährlicher eine KI wirkt, desto besser lässt sie sich verkaufen“: .Kuratorin Clara Herrmann.

„Je gefährlicher eine KI wirkt, desto besser lässt sie sich verkaufen“: .Kuratorin Clara Herrmann.

Foto: Maurizio Gambarini / FUNKE Foto Services

Wenn Maschinen denken: Die Akademie der Künste präsentiert zehn Installationen zum Thema Künstliche Intelligenz.

Umrahmt von fröhlichem Pink und Türkis blicken zwei KI-basierte Humanoide mit freundlichem Lächeln vom Screen auf die Besucher von „Total.Earth“ hinab. Das Fake-Start-up lädt jeden ein, am Eingang alle persönliche Daten abzugeben, um digitale Unsterblichkeit zu erlangen. Und so nach dem Tod mit privaten Erinnerungen in einem kollektiven Geist, der „Total.Cloud“, für eine bessere, gerechtere Welt zu sorgen. Wer einen Blick hinter die Hochglanz-Kulissen wirft, entdeckt auf der hölzernen Rückseite ein Recherche-Universum aus alten Büchern. Erfährt, dass die Idee dahinter nicht neu und schon mal gescheitert ist. Und macht sich Gedanken darüber, ob es wirklich erstrebenswert ist, einen digitalen Fußabdruck für die Ewigkeit zu hinterlassen.

Nicht die einzige Frage, die sich in der Ausstellung „Broken Machines Wild Imaginings“ in der Akademie der Künste stellt. Denn jede der zehn präsentierten Installationen der Jungen Akademie verändert den gewohnten Blick auf Künstliche Intelligenz. Seit 2019 haben sich die internationalen Stipendiaten dem Thema genähert. Die Schau fasst die Ergebnisse zusammen. Zeigt frische Sichtweisen und gibt spannende neue Impulse für eine intensive Auseinandersetzung mit der unseren Alltag zwar ständig beeinflussenden, aber eher unsichtbaren KI.

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Natürlich spielt auch ChatGPT 4.0 eine Rolle, weil der Version nachgesagt wird, uns ersetzen zu können, und Experten angesichts der rasanten Entwicklung ein KI-Moratorium fordern. Kuratorin Clara Herrmann wiegelt ab und sagt: „Je gefährlicher eine KI wirkt, desto besser lässt sie sich verkaufen.“ Sie verweist darauf, dass unser Bild stark von Hollywood geprägt ist. „Terminator“ und „Matrix“ lassen dystopisch grüßen. Die Ausstellung versuche indes, das Thema aufzubrechen, das dominiert wird von der Wirtschaft und einer kleinen, weißen, männlichen Tech-Elite. Alle, die nicht ihren Normen entsprechen, werden in der KI nicht abgebildet. Was zu Rassismen und Sexismen führt, wie Sara Culmann in ihrer Videoinstallation „Bad Habits Tend to Accumulate“ zeigt.

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Wie komplex KI in globale Strukturen eingreift, veranschaulicht Aarti Sunder in ihrer Mixed-Media-Installation „Nodal Narratives of the Deep Sea“. Auf einer Karte schlüsselt sie auf, dass die heutigen Tiefseekabel den Routen alter Telegrafenkabel folgen und damit historischen Kanälen kolonialer Macht. Dass KI unvorstellbare Ressourcen verschlingt, verdeutlicht Sarah Chiston mit ihrer interaktiven Häkelskulptur „No Knots, Only Loops“. Ein Labyrinth aus 36.672 Maschen auf 64 Quadratmetern. Für die Rechenleistung von ChatGPT bräuchte es 48 Millionen dieser Labyrinthe, deren Produktion ganze 994.173 Jahre dauern würde.

Die Schau verneint KI jedoch nicht naiv. Es geht vielmehr darum, KI anders zu denken, quasi allumfassend zu erweitern. Wie das gelingen kann, zeigt Natasha Tontey in ihrer Arbeit „Of Other Tomorrows Never Know“. Dafür hat sie an verschiedenen Ritualen indigener Gemeinden in Indonesien teilgenommen. Dort hat man eine andere Vorstellung von Technologie, will sie in Einklang mit der eigenen Spiritualität bringen. Was KI fantasievoller, empathischer und somit menschlicher machen könnte.