Kühlhaus Berlin

Festivalchefin Elena Baschkirowa: Wir sind umgezogen

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Die Pianistin und Festivalleiterin Elena Baschkirowa.

Die Pianistin und Festivalleiterin Elena Baschkirowa.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Pianistin Elena Baschkirowa startet mit ihrem Kammermusik-Festival „Intonations“ im Kühlhaus Berlin, auch Ehemann Daniel Barenboim ist dabei.

Das Kammermusikfestival „Intonations“ wird erstmals im Kühlhaus Berlin am 10. Juni stattfinden. „Wir sind umgezogen. Es ist ein Gefühl, als sei man in eine andere, passendere Wohnung oder Haus umgezogen“, sagt Festivalchefin Elena Baschkirowa und fügt erklärend hinzu, dass man im alten Haus in den letzten Jahren viele Probleme hatte. „So ein Festival macht viel Arbeit und man braucht eine große Leidenschaft dafür. Aber das Jüdische Museum hat uns zehn Jahre lang zu Gast gehabt, und für diese Jahre bin ich sehr dankbar“, sagt die Pianistin. „Ich danke vor allem dem Museumsgründer Michael Blumenthal, denn es war seine Idee und er hat das Festival durchgeboxt. Als er weg war, wurde es für uns schwieriger. Zuletzt herrschte eine Atmosphäre, dass man unser Festival eigentlich nicht mehr im Museum haben wollte.“

Es sei gar nicht so einfach gewesen, einen neuen Ort zu suchen, sagt Elena Baschkirowa. „Denn ich bin davon überzeugt, dass dieses Festival in keinen klassischen Konzertsaal gehört. Zumal in Berlin, wo die Konzertsäle voll sind mit einem unglaublichen Angebot auch an Kammermusik.“ Die Musikerin kannte das Kühlhaus in Kreuzberg vorher gar nicht. „Der Berliner Opernsänger Dietrich Henschel hat mich darauf gebracht. Er ist mit mir sogar extra dahin gefahren, um mir den Ort zu zeigen. Davor hatte ich bereits 20 verschiedene Orte wie Museumsräume und Säle angeschaut. Im Kühlhaus hatte ich sofort das Gefühl, dass das Festival dort hingehört. Es ist ein magischer Ort, obwohl es eigentlich kein schöner Ort ist.“ Es sei die typisch Berliner industrielle Schönheit von Anfang des 20. Jahrhunderts, es herrsche Strenge und Modernität. Aber der Raum habe eine gute Akustik.

Mit dem Umzug hat auch die Phase des Hin- und Herrückens begonnen. Wo soll die Bühne stehen? Wie viele Stühle sind erforderlich? „Wir können zwischen 100 und 500 Plätzen improvisieren“, sagt die Festivalchefin. „Im Fall der Bühne sind wir noch ein wenig am experimentieren. Wir hatten auch im Jüdischen Museum einiges ausprobiert.“

Es wird ein gigantischen Marathonkonzert in zwei Teilen sein

Elena Baschkirowa geht davon aus, einen festen Festivalstandort gefunden zu haben. „Die Leute vom Kühlhaus sind freundlich und enthusiastisch. Wir wollen gemeinsam das Festival dort etablieren, auch wenn es in diesem Jahr zunächst nur ein eintägiger Vorgeschmack ist“, sagt sie. „Genau genommen ist es ein gigantisches Marathonkonzert in zwei Teilen.“

Der Berliner Ableger „Intonations – International Chamber Music Festival“ hat seinen Ursprung in Jerusalem, wo es das Kammermusikfestival bereits seit 25 Jahren gibt. Das Festival sei im vergangenen Jahr in Jerusalem gut gelaufen, sagt die 65-Jährige. Für dieses Jahr habe sie dort das Thema ,Emigranten“ gewählt. Das wolle sie im kommenden Jahr auch in Berlin fortführen. „Der überwiegende Teil der Komponisten, die wir spielen, waren Emigranten, zumindest für einen Teil ihres Lebens.“

In Jerusalem habe sich das Publikum in den 25 Jahren schon verändert, erzählt sie. „Jetzt gibt ist es eine neue, konservativere Generation, die offenbar etwas weniger neugierig auf neue Musik ist. Das war in den Anfangsjahren des Jerusalem International Chamber Music Festival anders, gerade die Holocaust-Überlebenden, die aus Europa kamen, wollten nicht nur ihren Beethoven oder Brahms hören. Sie wollten unbedingt moderne Stücke kennen lernen.“

Musiker aus zehn Nationen spielen beim Berliner Festival

Für den Neustart im Kühlhaus wurde jetzt kein festes Thema gewählt. Man wolle die vergangenen Jahre etwas Revue passieren lassen. „Jedes Konzert hat ein geschlossenes Programm mit klassischen, romantischen und modernen Werken in verschiedenen Besetzungen“, sagt Elena Baschkirowa. „Es gibt wieder das rituelle Mendelssohn-Quartett ganz am Ende. Das hatten wir bereits in Jerusalem eingeführt.“ Am Festival seien zehn Nationalitäten beteiligt, einige kommen aus Litauen, Lettland, aus der Ukraine, der Schweiz und Korea, aus Russland und Belarus. Viele leben in Berlin. Unter den Musikern finden sich, wie die Leiterin sagt, „die üblichen Verdächtigen“: Madeleine Carruzzo, Emanuel Pahud, Tim Park oder Dorothea Röschmann. „Inzwischen gibt es eine richtige Gruppe, die immer dabei ist. Aber es gibt auch wie immer ,Neuzugänge’ wie zum Beispiel die Geigerin Diana Tischenko oder den Cellisten Ivan Karizna, um nur zwei zu nennen.“

„In den 25 Jahren des Festival haben wir bereits viele Werke aufgeführt. Es ist eine große Repertoire-Quelle, um daraus immer wieder neue Programme zusammen zu stellen.“ So erklingen um 15 Uhr Mahler und Schumann, dazwischen Erwin Schulhoffs Duo für Violine und Cello. „Das hatte ich im vergangenen Jahr bereits in Jerusalem so gemacht, in jedem Konzert wurde das Werk eines so genannten ,Theresienstädter Komponisten’ oder aus dem deutsch-tschechisch-jüdischen Umfeld vorgestellt. Es gab so viele fantastische Talente, die von den Nazis vernichtet wurden.“

Elena Baschkirowa wird bei drei Stücken des Festivals selbst am Klavier sitzen. Und auch Ehemann Daniel Barenboim, der im Januar aus Krankheitsgründen als Generalmusikdirektor der Staatsoper zurückgetreten ist, wird dabei sein. „Er kommt und wird uns unterstützen.“

Kühlhaus Berlin, Luckenwalder Str. 3, Kreuzberg. Tel. 21005605 Am 10.6. um 15 und 19,30 Uhr.