Kulturinstitution

So läuft der Neustart am Haus der Kulturen der Welt

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Utta Raifer
Bonaventure Ndikung vor einer Installation des nigerianischen Künstlers Olu Oguibe.

Bonaventure Ndikung vor einer Installation des nigerianischen Künstlers Olu Oguibe.

Foto: Annette Riedl / dpa

Drei Tage Kunst, Tanz und Erfahrungen: Das Haus der Kulturen der Welt meldet sich zurück. Ein Blick in die neue Ausstellung.

Drei Flaggen mit den Farben Schwarz, Rot, Gelb und Grün wehen von der Terrasse des Hauses der Kulturen der Welt (HKW) in Richtung Spree und Kanzlergarten. Jede von ihnen ist mit einem Buchstaben bestickt, die zusammen DDR ergeben. Die Arbeit des nigerianischen Künstlers Olu Oguibe ist ein Spiel mit den deutschen Farben und der panafrikanischen Flagge. Schwarz steht für die Menschen, Rot für das vergossene Blut, Grün für das Land und Gelb für den gestohlenen Reichtum. Aber zugleich sind es auch mögliche Farbkombinationen für deutsche Regierungskoalitionen: Jamaika, Kenia, Ampel. Hinter den Buchstaben DDR steckt eine Aufforderung in Richtung Kanzleramt und Politik: Dekarbonisieren, Dekolonisieren und Reparieren.

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Das ist eine Antwort auf die Frage, „Was tun mit der Welt?“, die das HKW während der renovierungsbedingten Schließpause Menschen rund um die Welt gestellt hat. Die Antworten kann man auf Plakaten an zahlreichen Orten in der Stadt lesen. Künstler Wolfgang Tillmanns hat sie gestaltet, sie sollten neugierig machen auf das Wochenende: auf die große Wiedereröffnung eines Hauses, das alle aktuellen Diskurse rund um Postkolonialismus oder ökologische Fragen in der Vergangenheit schon durchgespielt hat, oft aber sein Publikum auch ratlos zurückließ, weil visuell nicht immer eingelöst wurde, was die großen Ideen aus den Workshops versprachen.

Seit 1. Januar 2023 ist der gebürtige Kameruner und seit Jahren in Berlin lebende Kurator Bonaventure Soh Bejeng Ndikung Intendant des Hauses. Das neue Motto lautet Zusammenkommen, gemeinsam Hoffnung schöpfen und Respekt füreinander kultivieren. Das Haus macht seine Tore sehr weit auf für alle Sinne und feiert drei Tage lang mit Ausstellungen, Musik, Essen und Aufführungen. Ziel ist es, gemeinsam besser zu werden. Der erste Schritt, das Kennenlernen des jeweils anderen, soll keine Floskel bleiben. Was zum Beispiel ist Quilombismo, um den das Eröffnungsprojekt kreist? Hergeleitet wird es aus den Quilombos, den Siedlungen, in die sich in Brasilien geflohene Sklaven im 17. Jahrhundert retteten. Hier entwickelten sich solidarische Gemeinschaften, die Widerstand leisteten und so zum Symbol und Vorbild für viele Künstler des globalen Südens wurden.

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Durch die Ausstellung im Garten und auf allen Ebenen des Hauses führt ein Handbuch mit Skizzen und Plänen, die bei der Orientierung helfen. Ndikung hat den einzelnen Bereichen neue Namen gegeben. Sie erinnern nun an Frauen „aus verschiedensten Welten, die die Welt ein Stück besser gemacht haben“. Der Eingang beispielsweise ist nach Hedwig Dohm benannt, der frühen Berliner Feministin. Die Eingangssäulen sind mit Stoffen verkleidet, Wandteppichen von Georgina Maxim aus Zimbabwe. Es geht um die Wiederbelebung von Erinnerungen, um Schutz durch Kleidung und das Band, das einen mit seiner Herkunft verbindet. Im Foyer ist ein Bereich nach Gunta Stölzl benannt, der Leiterin der Weberei des Bauhauses, einer Kunstrichtung, die oft als „Frauenarbeit“ abgetan wurde. Sehr viele Künstlerinnen der Ausstellung arbeiten mit textilen Mitteln, auch eine späte Rehabilitation.

In der großen Halle hingegen erinnert ein Bodenkunstwerk die afrikanische Art des Haareflechtens. Mit diesem Symbol für afrikanische Schönheit und Stolz experimentiert Nontsikelelo Mutiti und lädt auf spielerische Art ein, die Ausstellung zu erkunden.