Heimspiel! Berlin begrüßt Herbert Grönemeyer mit minutenlangem, frenetischen Applaus, bevor der 67-Jährige solo in die Tasten greifen darf, um seine Ballade "Tau" zu performen. Aber nicht nur die Zuschauer scheinen vier Jahre nach seiner letzten Tour auf Grönemeyer-Entzug zu sein. Auch der Musiker legt mit unbändiger Energie los. Schiere Freude am Live-Feeling. Tigert unentwegt über den ins Publikum ragenden Steg, animiert zum Mitsingen und Klatschen. Reckt die Faust in die Höhe zu "Was ist los", dem Titeltrack seines im März veröffentlichten neuen 17. Studioalbums und der Name seiner aktuellen Tour.
Natürlich wagt Herbert Grönemeyer auch immer wieder ein paar seiner sehr eigenen Moves. Tänzelt grinsend beim Konzert in der ausverkauften Mercedes-Benz Arena. "Kopf hoch tanzen" lautet denn auch seine gesangliche Aufforderung an alle dazu. Der Sänger zelebriert nämlich eine Party mit seinen Fans. Und alle feiern mit.
Grönemeyers Lichtshow lässt die Bühne und die Arena funkeln
Dafür hat er reichlich Technik mitgebracht, verzichtet allerdings in der ersten Stunde ganz und auch später fast völlig darauf, sich überlebensgroß auf Screens beamen zu lassen, wie sonst üblich. Offenbar zugunsten der ausgeklügelten Lightshow, die nicht nur die Bühne funkeln lässt, sondern auch den Zuschauerraum. Selten war die Arena so hell erleuchtet. Zumindest zwischen den Songs. Nach 20 Minuten scherzt Grönemeyer ob seines körperbetonten Einsatzes, dass es sich unter dem Hemd wie in einer Sauna anfühle.
Mit seiner achtköpfigen Band spielt er neben den neuen Songs auch alle Hits. "Männer" und "Flugzeuge im Bauch" etwa. Eine kleine Entschädigung für alle, die sich im vergangenen Jahr auf die Jubiläumstournee „20 Jahre Mensch“ gefreut haben. Die musste Grönemeyer ja coronabedingt absagen. Nun ist die Lust von Musiker und Auditorium sichtlich groß. Man pflegt das allumfassende Wir-Gefühl intensiv. Jeder Klassiker wird zum Wechselgesang, zum Zwiegespräch. Egal, ob "Bochum", "Vollmond" oder "Was soll das".
Herbert Grönemeyer und seine Band geben alles
Grönemeyer und seine Band geben dabei alles. Von den lauten bis zu den leisen Tönen. Grandiose, rockige Gitarrensoli inklusive. Politisch wird es mit dem Tune "Der Schlüssel", in dem es um Flucht und Migration geht.
Die meisten Lieder drehen sich aber um Zwischenmenschliches. Beziehungen, Liebe, Abschied. Wie in "Eine Tonne Blei". Höhepunkt sind Grönemeyers wohl beste Kompositionen "Mensch" und das Trauerlied "Der Weg", mit der er den Tod seiner ersten Frau Anna bewältigte.
In der Halle herrscht Wohlfühl-Atmosphäre
Melancholie und Frohsinn liegen an diesem Abend nah beieinander. Dazwischen gibt es noch flammenden Klima-Aktivismus mit "Oh, oh, oh". In der Halle herrscht Wohlfühl-Atmosphäre. Und on Stage zementiert Herbert Grönemeyer mit seiner gelungenen Performance einmal mehr, dass er zu den größten Musik-Stars des Landes zählt. Die Zuschauer in der Waldbühne am 5. und 6. Juni dürfen sich auf ein sensationelles Konzert mit ihm freuen.