Üblicherweise bekommen Musikstudenten, die den Beruf des Orchestermusikers anstreben, an den Musikhochschulen nicht genügend Praxis im Orchesterspiel. Aus diesem Grund haben viele große Orchester eigene Akademien eingerichtet, in die besonders talentierte junge Musiker nach erfolgreichem Probespiel aufgenommen werden. So wurde 1971 die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker ins Leben gerufen, 1983 folgte die Deutsche Oper Berlin, und in der Spielzeit 1997/1998 wurde auf Initiative von Daniel Barenboim die Orchesterakademie bei der Staatskapelle Berlin gegründet.
Dort vergibt man zweijährige Stipendien, um die jungen Musiker mit der Arbeit eines Spitzenorchesters vertraut zu machen, die im Falle der Staatsoper neben einem vielfältigen Opern- und Ballettrepertoire auch Sinfoniekonzerte umfasst. Dabei erhalten die Akademisten regelmäßigem Einzelunterricht auf ihrem Haupt- und einem Nebeninstrument, der durch Kammermusikunterricht und Mentaltraining ergänzt wird. Ein Großteil der ehemaligen Mitglieder spielt heute in renommierten Orchestern weltweit oder in der Staatskapelle selbst.
Zum 25-jährigen Bestehen der Orchesterakademie wurde nun ein Jubiläumskonzert organisiert, in dem aktuelle und ehemalige Akademiemitglieder unter der Leitung von Daniel Barenboim Wagners „Siegfried-Idyll“ sowie Mozarts große „Jupiter-Sinfonie“ zur Aufführung brachten. Bevor die Musiker loslegen durften, gab es jedoch noch kurze Ansprachen von Daniel Barenboim, der die Notwendigkeit von Orchesterakademien betonte, es folgten weitere Grußworte vom früheren Berliner Kultursenator Klaus Lederer sowie dem Staatsoper-Intendanten Matthias Schulz.
Der Stardirigent kann das Orchester wieder am Pult stehend dirigieren
Im Publikum verbreitete sich anschließend Erleichterung, als der Stuhl vom Dirigentenpult entfernt wurde, denn dies zeigte, dass Daniel Barenboim gesundheitlich wieder so weit hergestellt ist, dass ein Dirigieren im Stehen möglich ist. Er selbst erklärte dem Publikum, dass er ein Jahr lang krank gewesen, nun aber wieder gesund sei, worauf das Publikum freudig applaudierte.
Richard Wagners „Siegfried-Idyll“ entstand im Jahre 1870, es gehört zu seinen bekanntesten selbstständigen Orchesterwerken, ist also kein Teil einer Oper. Barenboim und die Staatskapelle interpretierten das 20-minütige Stück wunderbar klangsinnlich, ohne sich dabei in Details zu verlieren. Auch wenn viele der Musiker entweder nicht mehr bei der Staatskapelle spielten oder noch nicht sehr lange, so gelang es ihnen dennoch diesen warmen goldenen Ton in Wagners Musik einzubringen, für den dieses Orchester so berühmt ist.
Auch Mozarts große „Jupiter-Sinfonie“ glänzte durch warmen Ton und geschmeidige Melodik. Anders als bei manchen historisch informierten Dirigenten werden Akzente oder dynamische Kontraste bei Barenboim nicht mit dem Holzhammer ausgeführt, sondern fügen sich organisch in den Fluss der Musik ein. Das Menuetto hätte man sich etwas lebhafter und flotter vorstellen können, da agierte Barenboim ein wenig betulich. Das Finale hingegen hatte wieder Frische und Schwung. Am Ende spendete das Publikum in der gut gefüllten Staatsoper stehende Ovationen, viele Leute waren sichtlich gerührt, dass der Maestro wieder zu seiner alten Form zurückgefunden hat.