Wo sonst gerne Influencerinnen und Hochzeitspaare posieren, im Kolonnadengang der Alten Nationalgalerie, laufen Kita-Kinder von Säule zu Säule, mal vorwärts, mal rückwärts, trippelnd, in großen Schritten und dann wieder hüpfend. Sie kommen aus dem nahen Haus Bastian, dem 2019 eröffneten Zentrum für Kulturelle Bildung und Vermittlung. Ein Wettrennen im Innenhof, dann ein Stopp auf den Stufen der Alten Nationalgalerie. Kurz noch die Regeln abgefragt, aber die Kinder sind Profis, sie wissen schon, dass sie drinnen nichts anfassen dürfen. Dafür bekommt jedes Kind ein Ticket, das am Eingang von freundlichen Museumswärtern gescannt wird. Die müssen sich tief hinunterbeugen, man merkt ihnen an, dass so kleine Besucher etwas Besonderes sind.
Kinder im Museum: „Kitagruppen stehen selten im Fokus“
Die Kinder sind Pioniere des Kooperationsprojekts „4plus – Kinder im Museum“ der Staatlichen Museen und der Fröbel-Kindergärten, Deutschlands größtem überregionalen Träger mit allein 30 Einrichtungen in Berlin. An ihnen wird erprobt, wie Museum und Vorschulalter zusammenkommen können, um eine positive und lebenslange Beziehung aufzubauen.
„Während es für Schulkinder viele Angebote gibt, stehen Kitagruppen seltener im Fokus der Museumspädagik“, sagt Gero Dinter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, bei der Vorstellung des Projekts, das weit über die bisherigen Angebote, Familiensonntag oder Entdeckerrucksack, hinausgehe. Der professionelle Austausch zwischen Pädagoginnen und Vermittlerinnen ziele darauf ab, Barrieren abzubauen, damit sich auch die Kleinsten in den Tempeln der Hochkulturen wohlfühlen und vielleicht auch ihre Eltern nachziehen. Denn Kitakinder sind sehr offen für Orte außerhalb ihrer gewohnten Erfahrungswelten.
„Die Kita ist näher dran an den Familien als die Schule“
Das bestätigt auch der Geschäftsführer der Fröbel-Gruppe, Stefan Spieker: „Kulturelle Bildung wird immer wichtiger. Die Kita ist viel näher dran an den Familien als die Schule. Viele Familien haben gar keinen Bezug zur Hochkultur. Wir wollen eine Brücke bauen, beispielsweise mit dem Museum für Islamische Kunst, um auch Kinder mit diesem Hintergrund zu erreichen.“
Das Haus Bastian stellt Infrastruktur und Personal zur Verfügung. „Inklusive Bildung“ ist eines der Schlagworte von Leiterin Heike Kropf. Sie setzt auf Nachhaltigkeit des Projekts, das nach der Pilotphase und der Klärung der Finanzierung, die bislang mit 50.000 Euro von der Fröbel-Gruppe getragen wird, allen Kitas zur Verfügung stehen soll. Es geht um 5 Module, einem Auftakt in der Kita und vier Terminen im Museum, davon zwei in Kombination mit dem Haus Bastian, wo die Kinder selbst künstlerisch tätig werden.
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Wie wichtig es ist, das Projekt gemeinsam mit Kitas und vor allem den Kindern zu entwickeln, zeigt sich dann auch am Ende des Museumsbesuchs. „Stellt euch doch vor das Bild, das euch am besten gefallen hat“, sagt die Vermittlerin. „Keines!“ ruft ein Mädchen, die anderen Kinder stimmen im Chor mit ein. Kurze Irritation, aber kein Problem für die Erzieherin: „Ich stell mich jetzt vor ein Bild und mache die Pose nach.“ Und schon sind die Kinder wieder konzentriert dabei. Mit einem Anstecker gehen sie nach Hause. Vielleicht werden Eltern und Geschwister dann neugierig und fragen nach, hofft Heike Kropf.