- Die umstrittene Pink-Floyd-Legende Roger Waters gibt zwei Konzert in Berlin
- Trotz scharfer Antisemitismus-Vorwürfe wird er in der Mercedes-Benz Arena frenetisch gefeiert
- In einem Video vor Konzertbeginn schimpft er auf seine Kritiker
Berlin. Roger Waters kann es einfach nicht lassen. Am Ende des Visuals zum Opener "Comfortably Numb" fliegt filmisch gleich erstmal ein Schwein durch die Luft. Ganz neutral. Das besagte Skandalschwein kommt später. Ohne Davidstern wie bei seiner "The Wall"-Tour. Assoziationen allerdings inbegriffen. Es zeigt, die Pink-Floyd-Legende lässt sich nichts verbieten. Ist provokant und unbelehrbar.
In den vergangenen Wochen hat es heftige Diskussionen um den 73-jährigen gegeben. Trotz bundesweiter Kritik wegen Antisemitismus-Vorwürfen und seiner Nähe zum isrealfeindlichen BDS ist Roger Waters mit „This Is Not A Drill“ auf Deutschlandtour. In der fast ausverkauften Mercedes-Benz Arena gab der Brite nun das erste von zwei Konzerten in Berlin. Und wurde dabei stürmisch gefeiert.
Kultursenator Joe Chialo (CDU) sagte vorab dazu: „Den Auftritt eines Künstlers wie Roger Waters, der Ballons in Schweineform mit Davidsternen aufsteigen lässt, verurteile ich auf das Schärfste. Denn diese Aktionen – genau wie die BDS-Kampagne, der er nahesteht – sind nichts anderes als antisemitisch.“
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Roger Waters in Berlin: Gleich zu Beginn bepöbelt er seine Kritiker
Der hochumstrittene Musiker ging bekanntlich gegen den Versuch, sein Konzert in Frankfurt zu verbieten, gerichtlich vor. Und gewann. Das Urteil verwies auf die Kunstfreiheit. Auch für Chialo ein wertvolles Gut, das aber „niemals als Freibrief für Antisemitismus missbraucht werden darf.“
Den Countdown zum Konzertbeginn hat der Musiker genutzt, um frohlockend mitzuteilen, dass ein Gericht in Frankfurt erklärt hat, Roger Waters sei kein Antisemit. Was er mit einem "exzellent" kommentiert. Vorab gibt er per Video noch den mit Schimpfwörtern gespickten Rat: "Wenn Sie zu den gehören, die sagen, 'Ich liebe Pink Floyd, kann Rogers Politik aber nicht ausstehen', sollten Sie jetzt besser in eine Bar gehen." Auf Englisch: "Fuck off and go to the bar."
Nachdem die Claims seinerseits abgesteckt sind, kann es endlich richtig losgehen. Mit seiner siebenköpfigen Band und zwei Sängerinnen performt Roger Waters auf einer kreuzförmigen Bühne in der Hallenmitte. Riesige Videobildschirme hängen darüber.
Roger Waters in Berlin: Spektakulär und gesellschaftskritisch
Wie immer bei Waters ist das Produktionsdesign spektakulär, der Sound brillant. Die Songs gewohnt gesellschaftskritisch. Gegen Krieg. Gegen Gewalt. Gegen Faschismus. Für Frieden, Menschenrechte und Selbstbestimmung. Konsumkritik ist selbstredend auch dabei.
Natürlich dürfen da die Songs aus Pink Floyds Album „The Wall“ nicht fehlen. Wie „Another Brick In The Wall, Part 2“, ein weltweiter Nummer-1-Hit. Besonders heftig umjubelt wird "Wish You Were Here" in einer halbakustischen Version. Dazu werden Ausschnitte aus der Bandgeschichte auf den Leinwänden erzählt.
Obwohl Waters Solo-Material nur wenige Songs im Set umfasst, kann es sich neben den bekannteren Pink-Floyd-Titeln bestens behaupten. „The Powers That Be“ etwa konzentriert sich auf die Opfer der Unterdrückung. Zeigt auf den Screens die Gesichter und Namen von Opfern, darunter George Floyd und Mahsa Amini, die Iranerin, deren Tod dort Demonstrationen auslöste.
Roger Waters: Es dürfte nicht sein letzter Auftritt sein
Mit "The Bar" gibt es zudem einen neuen Tune, bei dem sich Roger Waters am Klavier begleitet. Der Höhepunkt des Abends ist aber die Aufführung der gesamten zweiten Seite von „Dark Side of the Moon“, beginnend mit „Money“ und „Us and Them“, über „Any Kind Of Colour“ bis hin zu „Brain Damage“ und "Eclipse".
Einmal mehr erweist sich Roger Waters politisch streitbar und musikalisch genial auf seiner Abschiedstour. Der ersten, wie er augenzwinkernd sagt. Die Diskussionen dürften also weitergehen.