Ausstellung „Macht Raum Gewalt“ in der Akademie der Künste zeigt NS-Stadtplanung als machtpolitisches Element
Die Gigantomanie kannte im Dritten Reich keine Grenzen. So planten Adolf Hitler und sein Generalbauinspektor Albert Speer für ihre „Welthauptstadt Germania“ die „Große Halle“, in der ganze 150.000 bis 180.000 Menschen Platz finden sollten. Daneben wirken Brandenburger Tor und Reichstag wie winzige Spielzeuge, wie ein Modell eindrucksvoll zeigt. Eine monumentale Demonstration von Macht. Verstärkt noch durch die axiale Ausrichtung, mit der schon Sonnenkönig Ludwig XIV. im Schloss Versailles seinem Absolutheitsanspruch Nachdruck verlieh. Was Diktatoren in aller Welt nur zu gern bis heute kopieren.
Mit der NS-Architektur wollten Hitler und Speer ihre rassistische Ideologie gesellschaftlich verfestigen. Dafür wurde die Akademie der Künste am Pariser Platz zur Dienststelle von Speer umfunktioniert. Hier wurden die „Führerstädte“ München, Berlin, Nürnberg und Hamburg entwickelt wie auch die „Gauhauptstädte“. Architektur war ein machtpolitisches Element. Umgesetzt wurde nur wenig. Aber die städtebauliche Propaganda war massiv und vor allem bildmächtig.
Von den Anfängen des Regimes bis in die Zeit nach 1945
Wie sehr die Raum- und Stadtplanung von den Nationalsozialisten instrumentiert wurde, zeigt nun die Ausstellung „Macht Raum Gewalt“ am geschichtsträchtigen Ort in der Akademie der Künste anhand von Fotos, Filme, Modellen und Zeitdokumenten. Kuratiert von Benedikt Goebel mit Harald Bodenschatz und Angelika Königseder als wissenschaftliche Berater, stellt die umfangreiche Schau die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Planen und Bauen im Nationalsozialismus. Voraussetzungen, Institutionen, Wirkungen“ vor. Und zwar chronologisch untergliedert in sieben Themenfelder, die von den Anfängen des Nationalsozialismus‘ bis in die Zeit nach 1945 reichen.
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Dabei werden auch die von Deutschland besetzten Gebiete im Osten Europas sowie weitere Querbezüge zu anderen Staaten gezeigt. Auffällig ist die Ausstellungarchitektur von Roswitha Kötz, für die filigrane Latten aus frischem Holz verwendet wurde. Einerseits ein Kontrapunkt zu den steinernen Monumente der Nazis. Andererseits erinnert das Holz an die Baracken der Inhaftierten in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern von Treblinka und Auschwitz-Birkenau.
Die „Todesstiege“ im KZ Mauthausen
Juden, Sinti und Roma sowie Andersdenkende wurden dort bekanntlich millionenfach ermordet. Man rekrutierte aber auch Hundertausende Zwangsarbeiter. Erst, um den architektonischen Größenwahn zu realisieren. Dann, um im Krieg zerstörte Städte wieder aufzubauen. Ein Foto aus dem KZ Mauthausen zeigt die „Todesstiege“. Angetrieben von den SS-Bewachern, mussten die Häftlinge darauf schwere Granitblöcke 186 Stufen hochschleppen. Von den 200.000 Insassen überlebte mehr als die Hälfte diese unmenschliche Tortur nicht. Direkt daneben hängt eine Galerie von 150 Akteuren. Architekten, Ingenieure, Handwerker und Baubeamte, die für die Umsetzung von Hitlers und Speers Plänen verantwortlich waren. Viele von ihnen arbeiteten nach 1945 nahtlos und unbehelligt weiter in ihren Berufen. Darunter auch Egon Eiermann, der mit seinem Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche das Bild Westberlins prägte und zu den wichtigsten Architekten und Gestaltern der jungen Bundesrepublik gehörte.
Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Mitte, Tel. 200 57 10 00, bis 16.7., Di.-So. 11-19 Uhr