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Flower Power im Wintergarten: „Woodstock Variety Show“

| Lesedauer: 3 Minuten
Ulrike Borowczyk
Sängerin Malonda.

Sängerin Malonda.

Foto: Christoph Assmann/BerliN / Christoph Assmann/Berlin/01774476854

Artistik mit psychedelischem Touch: Die Show im Wintergarten ist mit ihrem Wunsch nach Frieden so aktuell wie nie.

Es gibt kaum etwas, das friedlicher stimmt als der Folkrock von Crosby, Stills, Nash Young. Ihre weichen Harmonien in „Teach Your Children“ sind wie gemacht für Fleeky und seinen biegsamen Körper. Auf seinem Skeleton Barrel, dem wahrhaft skelettierten Fass, vereint er Balance, Kontorsion und Handstandartistik in Perfektion. Faltet seinen Körper in der Mitte, macht sich so ganz schmal und rutscht mit dem Allerwertesten voran durch das enge Fass. Ein verspielter Act, während von den Screens rechts und links der Bühne die Konterfeis der Supergroup überaus wohlwollend herabblicken. Allen voran der im Januar verstorbene David Crosby.

Mit ihren Songs trafen die Folkrocker 1969 den Nerv einer ganzen Generation, die gegen den Vietnamkrieg protestierte. Das Quartett gehörte zu den bekanntesten Musikern, die beim legendären Woodstock-Festival auftraten. Jetzt verzaubern ihre Melodien das Publikum im Wintergarten bei der Wiederaufnahme-Premiere der „Woodstock Variety Show“ in der Regie von Frank Müller. Dabei muss man eine Weile auf die Artistik warten, denn diesmal steht die Musik im Vordergrund, verbindet sich aber auch immer wieder eindrucksvoll mit fulminanten circensischen Acts, die teilweise neu sind.

Für den Woodstock-Spirit sorgt allein schon die bunte Optik mit psychedelischem Touch. Schlaghosen und Stirnbänder inklusive. Neun Musiker und Sänger holen die Hippie-Bewegung mit ihrer Aneignung der Songs ins Heute. Und lassen dabei das Flower-Power-Mantra „Love, Peace and Happiness“ sehr gegenwärtig erstrahlen. Schließlich wünscht man sich nichts lieber in dieser Zeit nach der Pandemie und mitten im Ukraine-Krieg. Wodurch die Show eine völlig andere Konnotation bekommt als zum ursprünglichen Bühneneinstand am 15. August 2019. Also genau 50 Jahre nach dem ersten Festival-Tag.

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Ganz großes Kino ist die Interpretation der Janis-Joplin-Klassiker „Mercedes Benz“ und „Piece Of My Heart“ von Achan Malonda, die den Sound des Abends gesanglich am stärksten prägt. Im ikonischen Look der Blumenkinder performt sie auch ihren eigenen Titel „Liebe machen“, eine soulige queere Hymne. Frauen entfesseln auch akrobatisch Begeisterungsstürme. Die fabelhafte Valérie Inertie wirbelt lässig, virtuos und elegant mit ihrem Cyr Wheel über die Bühne. Eine Disziplin, die bislang von Männern dominiert ist.

Wintergarten: Körper, die aus Gummi zu sein scheinen

Einer der weltweiten Top-Acts ist die Ukrainerin Viktoriia Dziuba mit ihrer sensationellen Kombination aus Kontorsion und Handstand-Equilibristik. Wobei ihr Körper aus Gummi zu bestehen scheint. Einige ihrer Moves dürften anatomisch eigentlich unmöglich sein. Extrem rasant geht es hingegen bei den charmanten Karpovich Brothers zu. Sie katapultieren sich mit ihrem wippenden Teeterboard in luftige Höhen, punkten mit waghalsigen Schrauben und Salti, bei denen stets die Sturzgefahr lauert.

Zu den Acts und Songs gibt es Videos und Bilder vom Woodstock-Festival, aber auch vom Vietnam-Krieg mit tödlichen Bombardements. In diesem Moment des Innehaltens ist die quirlige Show ganz im Geiste von Woodstock ein Plädoyer für Frieden und Liebe.

Wintergarten Berlin, Potsdamer Str. 96, Tiergarten, Tel. 58 84 33, bis 16.7., Di.-Sbd. 20 Uhr, So. 18 Uhr