Museumsprojekt

Die Werkstatt Exilmuseum eröffnet am Wochenende

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Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Siegerentwurf für das Exilmuseum.

Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Siegerentwurf für das Exilmuseum.

Foto: Wolfgang Kumm / dpa

Informationsangebot für das geplante Museum in Kreuzberg: Herta Müller und Joachim Gauck stellen das Projekt vor.

In der Gedenkkultur der Bundesrepublik klafft im Hinblick auf das Exil eine Lücke. Sie habe sich nach ihrer Ankunft in Deutschland immer gefragt, warum es hier keinen Ort für die während des Nationalsozialismus zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungenen Menschen gegeben habe, sagte Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller am Donnerstag – stattdessen sei der Begriff „Exil“ oft nur in verstörender Harmlosigkeit gebraucht worden, als Name für Restaurants und Möbelgeschäfte zum Beispiel. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck berichtete vom Bücherregal seiner Eltern, in dem er als junger Mann die Werke Thomas Manns oder Kurt Tucholskys entdeckte, ohne allerdings von Vater oder Mutter Näheres über die Schicksale der Schriftsteller erfahren zu können. Mit Blick auf die Exilierten herrschte ein Schweigen, das in Gaucks Worten denjenigen galt, die nach dem Ende der NS-Diktatur „gegen die Mehrheit Recht behalten“ hatten.

Exilmuseum: Kommendes Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen

Daran will die gemeinnützige Stiftung Exilmuseum unter der Schirmherrschaft von Herta Müller und Joachim Gauck einiges ändern – mit einem neuen Gebäude hinter der Portralruine des Anhalter Bahnhofs in Kreuzberg, wo die Flucht für viele ihren Anfang nahm. Der Siegerentwurf des dänischen Architekturbüros Dorte Mandrup sieht einen Bau mit etwa 3500 Quadratmetern Nutzfläche vor, der sich in geschwungener Linie diskret um das historische Relikt legt. Von den geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 60 Millionen Euro konnte die Stiftung bereits 20 Millionen auf dem Spendenweg einwerben, für den Rest bemüht sie sich um staatliche Förderung. Mit den Bauarbeiten soll kommendes Jahr begonnen werden, 2026 soll alles fertig sein.

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In der Fasanenstraße 24 in Charlottenburg wird an diesem Wochenende die Werkstatt Exilmuseum eröffnet, mit der das Projekt vorangetrieben und tiefer im öffentlichen Bewusstsein verankert werden soll – in den ehemaligen Räumen des inzwischen in den Theaterbau des Schlosses Charlottenburg umgezogenen Käthe-Kollwitz-Museums und in direkter Nachbarschaft zum Auktionshaus Grisebach, dessen Gründer Bernd Schultz seine private Kunstsammlung zur Unterstützung des Exilmuseums versteigert hat. Der kürzlich überraschend verstorbene Gründungsdirektor Christoph Stölzl, so Stiftungsvorstand André Schmitz, habe in der Fasanenstraße immer eine Plattform für das Museumsprojekt gesehen.

Ein erster Kooperationspartner ist gefunden

In der Werkstatt sollen nun die Vorbereitungen stattfinden – Gespräche von Architekten, Kuratoren und Gestaltern werden hier ihren Ort finden. Die Öffentlichkeit ist eingeladen, jeweils donnerstags zwischen 15 und 18 Uhr an Gesprächen, Lesungen, Konzerten und Filmvorführungen teilzunehmen und sich über die Inhalte des Museums zu informieren. Mit dem Exilarchiv 1933-45 der Deutschen Nationalbibliothek ist bereits ein erster Partner gefunden, der seine Expertise zur Verfügung stellt.

Am Eröffnungswochenende wird unter anderem Cornelia Vossen, Kuratorin des Exilmuseums, über die geplante Dauerausstellung informieren. Der ukrainische Theatermacher Pavlo Arie wird zwei seiner „Stories vom Exile“ präsentieren, die in den vergangenen Monaten bereits am Berliner Ensemble zu sehen waren.

Werkstatt Exilmuseum, Fasanenstraße 24, Charlottenburg.