Klavierabend

Khatia Buniatishvili: Ein leuchtender und warmer Ton

| Lesedauer: 3 Minuten
Mario-Felix Vogt
Die aus Georgien stammende und in Paris lebende Starpianistin Khatia Buniatishvili verfügt auch in Berlin über eine große Fangemeinde.

Die aus Georgien stammende und in Paris lebende Starpianistin Khatia Buniatishvili verfügt auch in Berlin über eine große Fangemeinde.

Foto: Axel Heimken / pa/dpa Pool

Starpianistin Khatia Buniatishvili spielte einen Soloabend mit kurzen und populären Stücken im Kammermusiksaal.

Nachdem sich Khatia Buniatishvili vor drei Wochen mit Peter Tschaikowskys Klavierkonzert dem Berliner Publikum präsentiert hatte, war die georgische Starpianistin am Montagabend erneut in der Philharmonie zu Gast; diesmal mit einem Solo-Recital im Kammermusiksaal. Im Gepäck hatte sie überwiegend kurze populäre Stücke, von denen die meisten auch Hörern außerhalb der Klaviermusikexperten-Blase bekannt sein dürften. Unter anderem standen Saties „Gymnopedie No 1“, Bachs D-Dur-Air, und Chopins e-Moll-Prélude auf dem Programm, aber auch virtuose „Reißer“ wie Liszts zweite „Ungarische Rhapsodie“ (in der Bearbeitung von Vladimir Horowitz!) und Chopins As-Dur-Polonaise.

Der Saal war restlos ausverkauft. Über die Jahre hat sich die georgische Pianistin nicht nur auf Instagram eine treue Fangemeinde mit hunderttausenden Followern aufgebaut, sondern auch beim Berliner Publikum, das sich keinen Auftritt von ihr entgehen lässt. Zweifelsohne verfügt Buniatishvili auch über pianistische und musikalische Qualitäten, die sie deutlich aus der Masse der Pianisten herausstechen lassen. Da ist zum einen ihr leuchtender und warmer Ton, der ihr besonders in romantischen Werken zugutekommt, zum anderen ihr enormes dynamisches Spektrum, das von kaum vernehmbaren Flüstern bis zum donnernden Fortefortissimo reicht. Leider setzt sie ihre Fähigkeiten jedoch nicht immer sinnfällig ein.

Gut gelang die wahrlich oft in Funk und Fernsehen zu hörende „Gymnopédie“ Nr. 1 von Satie. Zumeist wird das Stück viel zu langsam zelebriert und wirkt dadurch ein wenig zäh. Buniatishvili wählte ein wunderbar fließendes Tempo, tönte die Begleitakkorde meisterlich ab und brachte dadurch die Melodie kantabel und gut fassbar zum Klingen. Auch Bachs berühmte „Air“, im Original für Orchester, interpretierte sie beseelt und klangschön.

Barocke Werke brauchen auf modernen Instrumenten einen Ton mit Kern

In einigen anderen Werken hingegen neigte sie zum Säuseln und nahm den Stücken dadurch ihre Energie. So klang Schuberts Ges-Dur-Impromptu verhaucht wie eine impressionistische Skizze, das Gleiche gilt für „Les Barricades Mystérieuses“ vom französischen Barockmeister François Couperin. Wenn man barocke Werke auf dem modernen Flügel spielt, sollte man als Interpret nicht vergessen, dass diese Stücke ursprünglich für Cembalo komponiert wurden. Deshalb benötigen sie einen Ton mit Kern, den Buniatishvili leider vermissen ließ. Wirklich desaströs wurde ihr Spiel dann bei Liszts „Ungarischer Rhapsodie Nr. 2“.

Komponist und Musikwissenschaftler Arno Lücker weist in seinem exzellenten Programmhefttext darauf hin, dass diese Rhapsodie mit einer Art Trauermarsch beginnt. Doch die georgische Pianistin gestaltete die Verzierungen nicht melodisch, sodass das Trauermarsch-Thema nicht zu erkennen war. Die schnelleren Parts nahm sie dann in einem derart überzogenen Tempo, dass viele Läufe einfach nur noch hudelig klangen. So wurde aus dem originellen Charakterstück eher eine auf virtuosen Effekt gebürstete Zirkusnummer.

Viel besser gerieten da Chopins As-Dur-Polonaise, die sie mit majestätischem Schwung inszenierte, und das packend-kraftvoll dargebotene Finale aus Prokofjews siebter Sonate. Allein dafür hatte sie sich die stehenden Ovationen, die das begeisterte Publikum ihr anschließend spendete, redlich verdient.