Konzert in Berlin

Die Prinzen: So war ihr Jubiläums-Konzert in Berlin

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Norman Börner
Die Prinzen auf der Bühne (Archivbild).

Die Prinzen auf der Bühne (Archivbild).

Foto: picture alliance/dpa | Tom Weller

Bei ihrem Konzert in Berlin zeigen Die Prinzen, warum sie zu den Höhepunkten deutschsprachiger Popkultur der 90er-Jahre zählen.

Berlin. Die deutschsprachige Popkultur der 1990er-Jahre wird oft zu Unrecht positiv verklärt. Trotzdem werfen sich nostalgische Millennials auf Nineties-Partys in Neonfarben und tanzen zu fürchterlichem Trash-Pop-Abfall wie Blümchen und Captain Jack. Dabei kann keine Rührseligkeit darüber hinwegtäuschen, dass diese Musik damals schon schlecht war und auch im neuen Jahrtausend rein gar nichts zu bieten hat.

Klar, die gute alte Zeit. Wir hatten weniger Sorgen, Megabyte und rassistische Witze im Fernsehen waren okay. Bei genauerer Betrachtung also Nichts, dem man hinterhertrauern sollte. Es gibt folgerichtig auch nur wenige popkulturelle Phänomene aus den Neunzigern, die der Zahn der Zeit nicht zu einem immer noch schwer im Magen liegenden Peinlichkeitsbrei zerkaut hat. Dazu zählt neben dem ersten Werner-Film in jedem Fall auch die Leipziger Popgruppe Die Prinzen. Fünf ehemalige Chorknaben aus den neuen Bundesländern, die bei Eltern und Heranwachsenden gleichsam beliebt waren. Hits wie „Alles nur geklaut“, „Küssen verboten“, „Schwein sein“ kann heute noch jeder mitsingen – und man tut es ohne schlechtes Gewissen, weil die Interpreten vielleicht älter, aber nicht reaktionär geworden sind.

Das liegt vor allem an der stabilen politischen Einstellung der fünf Leipziger. Sie engagieren sich gegen Rassismus, und schließlich dürfte noch jedem der damals noch Entrüstung genannte Shitstorm nach der Veröffentlichung der Single „Deutschland" im Ohr sein, die nicht so Recht in das kollektive Schulterklopfen der Deutschen Nachwendezeit passte.

Die Prinzen in der Max-Schmeling-Halle: für Boomer und Millenials

Am Samstag in der Max-Schmeling-Halle zeigten die äußerlich gereiften Thronfolger, dass sie zwar eine zutiefst deutsche Band sind, aber dass ein Publikum aus Boomern und Millennials anscheinend doch einen gemeinsamen Nenner hat. Und wenn es nur Die Prinzen und ihre Botschaft der Freundschaft und Kopfeinschaltens sind.

Dabei ist der Opener “Die Krone der Schöpfung” ein neuer Song und trotzdem ein kritischer Abgesang auf den menschlichen Egoismus, der in anderen öffentlichen Darbietungen sofort den zeitgeistigen Beißreflex Steak vs. Gemüse hervorgebracht hätte. Es folgen die Evergreens “Millionär” und “Mann im Mond”. Textsicher macht selbst das sitzende Publikum richtig Stimmung.

“Dürfen darf man alles” als kluger Abgesang auf eine Man-wird-ja-wohl-noch-sagen-dürfen-Opferhaltung und macht klar, wo die Prinzen politisch stehen. “Vergammelte Speisen” ist ein nicht wenig deutlicherer Abgesang auf vergammelte Speisen und Suleimann auf Konsum und Kapitalismus. Dialektik auf deutsch kann so schön sein. “Mein bester Freund” ist ein Lobgesang auf die individuelle Schönheit

Wenn David Hasselhoff die Mauer eingerissen hat, dann haben Die Prinzen die Deutschen in der Popmusik wiedervereint und ihnen auf jeden Fall ein netteres Gesicht verpasst. Wäre schön, wenn das kulturelle Bekenntnis zu Weltoffenheit auch im Alltagsleben der Menschen Einzug hält. Bei der letzten Strophe von “Bombe” stehen schonmal alle im Saal. Lässt sich drauf aufbauen.