Ausstellung

Das Museum Barberini feiert die Kraft der Sonne

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Utta Raifer
Claude Monets Gemälde „Impression. Sonnenaufgang“ (1872) – das Bild, das dem Impressionismus den Namen gab. Es ist für die ersten acht Wochen der Ausstellungsdauer zu sehen.

Claude Monets Gemälde „Impression. Sonnenaufgang“ (1872) – das Bild, das dem Impressionismus den Namen gab. Es ist für die ersten acht Wochen der Ausstellungsdauer zu sehen.

Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services

Mit spektakulären Werken widmet sich das Museum Barberini der kunsthistorischen Bedeutung des Zentralgestirns.

In düsteren Monat Februar strahlt über Potsdam die Sonne. Die Idee, so einfach wie schön: Zwei Museen mit Schwerpunkt Impressionismus und Claude Monet, das Potsdamer Museum Barberini und das Pariser Musée Marmottan, tun sich zusammen, um Wärme und Freude auf blasse Wintergesichter zu zaubern. Die Sonne darf als Inspiratorin der Kunst- und Geistesgeschichte triumphieren.

Museum Barberini: Monets Gemälde wurde zum Skandal

Und von Paris nach Potsdam reist eines der wertvollsten Bilder überhaupt: „Impression“, das Claude Monet 1872 an einem Hotelfenster mit Blick auf den Hafen von Le Havre malte – nicht wissend, dass dieses Bild einmal zum Namensgeber einer ganzen Kunstbewegung werden und die europäische Moderne einleiten sollte. Monet nannte sein Bild so, weil ihm nichts Besseres einfiel. „Hafen von Le Havre“ schien ihm zu vermessen. Der flüchtige Eindruck also: mit schnellem Pinselstrich violett-blauer Himmel und Meer, die Morgensonne spiegelt sich orange im Wasser und verfärbt den Himmel. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Das Bild war ein Skandal, eine Frechheit für die Zeitgenossen, die darin nur eine Skizze sahen. Heute ist es eine Ikone des Impressionismus und deshalb in Potsdam lang ersehnt. Die Sonnen-Ausstellung gilt als Auftakt zum Jubiläumsjahr des Impressionismus 2024 mit weiteren weltweiten Ausstellungen.

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Aber wer jetzt glaubt, der Rest drapiere sich als schmückendes Beiwerk um den Sensations-Monet, der irrt. Die Sonne nicht nur als Quell des Lichts, sondern auch des Lebens war schon lange vor Monet ein strahlender Fixpunkt der Kunst, obwohl wir sie oft übersehen, weil sie einfach zu selbstverständlich da ist. Das rückt die Ausstellung nun zurecht. Sie zeigt 160 Werke aus allen Epochen der Kunstgeschichte und bietet somit eine in spannende Kapitel gegliederte, erste, umfassende Ikonographie der (europäischen) Sonne.

Die Motive führen einen Dialog über die Jahrhunderte hinweg

Alles beginnt mit dem Mythos, dem griechischen Gott Helios mit seinem Sonnenwagen und den Geschichten von Ikarus und Phaeton, die dem Gestirn zu nahe kamen, abstürzten und verbrannten. Das inspirierte Rubens ebenso wie Michelangelo, der indirekt mit einem nach seiner Zeichnung gefertigten Halbrelief aus dem Bode-Museum vertreten ist. Eine Helios-Bronzestatuette, Schutzgott aus einer römischen Villa, steht in einem Schrein neben einer ikonographisch identischen Plastik aus der Renaissance – beide mit Freiheitsstatuen-Strahlenkranz. Die Kraft der Bildersprache wirkt über Jahrhunderte.

Das Christentum tat sich anfangs etwas schwer mit der Sonne, man kam gegen den römischen Gott Sol und den Mitraskult, bei dem Sol eine wichtige Rolle spielte, schwer an. Dass man den Tag des Herrn zum Sonntag machte, erinnert heute noch daran. Genauso wie der Strahlenkranz, der das Jesuskind und die goldene Monstranz schmückt. So hat man den alten Glauben mitgenommen und überformt.

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Sonnen aus Gold mit Edelsteinen waren der Festschmuck August des Starken, sie sind Zeichen des absolutistischen Herrschers. Der letzte Sonnenkönig war übrigens Napoleon. Sein Kopf wirkt auf dem hier gezeigten Porträt etwas verloren, dafür strahlt das Gelb der Sonne umso mehr. Es ist ein Verdienst der Ausstellung, dass gerade Stücke, die in anderem Zusammenhang oft untergehen, hier wie Solitäre unter ihresgleichen funkeln. Aus dem bayerischen Schloss Schleißheim etwa wurde Jacob von Sandrarts barocker Jüngling mit Sonnensymbol (1643) geholt, der sonst so hoch hängt, dass ein Gerüst nötig ist, um das Bild zu bergen.

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Spektakulär die Exponate der Gegenwart. Katharina Sieverding projiziert ein wandhohes Live-Bild der Sonne, das einem erst bewusst macht, wie glühend orange-rot sie eigentlich ist und gar nicht gelb wie bei Ólafur Elíasson, der einen Raum in wohlig gelbes Licht taucht.

Und schließlich die Magie der Sonne in den Landschaften des 19. und 20. Jahrhunderts. Bei Caspar David Friedrich ist sie symbolisch aufgeladen und religiös vergeistigt, bei Thomas Cole, einem amerikanischen Künstler des 19. Jahrhunderts, steht sie genau in der Mitte des Bildes. Was dem Künstler selbst etwas seltsam vorkam, diese Aufstellung aber perfekt auf den Punkt bringt.