Berlinale Special

Blut, Sperma und Urin: Berlinale-Publikum flieht aus Film

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Thomas Abeltshauser
Schauspieler Alexander Skarsgard auf den Filmfestspielen.

Schauspieler Alexander Skarsgard auf den Filmfestspielen.

Foto: Soeren Stache / dpa

Psychodrama und Satire: in Brandon Cronenbergs „Infinity Pool“ kommt alles zusammen. Teile des Publikums flohen aus dem Kino.

Alexander Skarsgard gilt als einer der attraktivsten Schauspieler Europas, allein in seiner schwedischen Heimat wurde der blonde Hüne bereits fünfmal zum Sexiest Man ernannt. Auf dieser Berlinale kriecht er nackt auf allen vieren über die Leinwand, um seinen Hals ein Hundelederband. Sexy ist das nicht, eher verstörend. Der 46-jährige spielt die Hauptrolle in „Infinity Pool“, dem wohl blutigsten, sicherlich bizarrsten Spielfilm dieser Berlinale.

Ein Autounfall löst schreckliche Ereignisse aus

Darin spielt er einen Schriftsteller mit Schreibblockade, der mit seiner Frau aus wohlhabender Familie einen All-Inclusive-Urlaub auf einer Insel macht. Als sie das hochgesicherte Luxusressort verlassen, verursacht er einen tödlichen Autounfall, der eine Kettenreaktion auslöst und ein perverses System aus Unterdrückung und exzessiver Gewalt offenlegt. Ein surreales Schreckensszenario mit schönen Menschen in gleißender Sonne, das Splatter, Satire und Psychodrama durch den Fleischwolf dreht, verquirlt mit jeder Menge Blut, Sperma und Urin.

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„Infinity Pool“ stammt von dem 43-jährigen Kanadier Brandon Cronenberg, der seinem Vater, dem legendären Regisseur David Cronenberg („Crimes of the Future“), in Sachen Körperhorror nacheifert, bei der Darstellung expliziter Gewalt die Schrauben nochmal weiterdreht. Genrekino, das es selten auf die Berlinale schafft und nach programmiertem Aufreger klingt, aber doch das Vielschichtige und Ambivalente von Cronenberg Senior vermissen lässt und dessen Exzess bald langweilt.

Berlinale: Kritik an den Auswüchsen des Massentourismus

Ein Teil des Publikums floh frühzeitig aus der Vorführung. Die Pressekonferenz erweist sich dann als erstaunlich zahm und launig. Er wollte die Abgründe des Massentourismus attackieren, erklärt Cronenberg seine Motivation. Für ihn stelle er eine Art Paralleluniversum dar, in dem es keine Kultur und keine Geschichte gebe. Sein Film sei eine Satire, sie biete keine Lösung, sondern „reflektiert den Zustand der Welt, wie ich sie sehe“. Und sein Hauptdarsteller Skarsgard sagt, für ihn habe die Rolle etwas Kathartisches gehabt, weil er privat „so sanft und langweilig, so schwedisch“ sei.

Auch die SM-Szene als Hund an der Leine kommt schließlich zur Sprache. „Dafür habe ich in Stockholm drei Monate lang nackt als Hund gelebt“, sagt Skarsgard, ohne eine Miene zu verziehen. „Ich hing jeden Tag in Hundeparks rum, besprang alte Damen auf der Straße, hinterließ einen Haufen auf dem Bürgersteig. Ich lobe mich ungern selbst, aber ich glaube, es hat sich für den Film gelohnt.“