Im nördlichen Europa assoziiert man den Klimawandel meist mit schmelzenden Gletschern und steigenden Wassermassen. Im südamerikanischen Hochland dagegen sind es die versiegenden Brunnen, die jedem, der es wahrnehmen will, signalisieren, dass ein Wendepunkt erreicht ist. „Der Regen kommt nicht mehr“, sagt ein Nachbar zum alten Llama-Bauer Virginio (José Calcina), während er seine Sachen packt, um wegzuziehen in die Stadt.
Das ganze Dorf ist bereits wie ausgestorben. Virginio aber will bleiben. Er lebt mit seiner Frau Sisa (Luisa Quispe) weit abgelegen in so idyllischer wie prekärer Isolation. Die Ärmlichkeit ihrer Lehmhütte ohne Strom oder fließend Wasser ergibt im Kontrast mit der majestätisch-strengen Schönheit der Landschaft ein ungeheuer wirkungsvolles Bild. Aber Regisseur Alejandro Loayza Grisi – er begann seine Karriere als Fotograf und Kameramann – gelingt in „Utama“ das kleine Wunder, das Pittoreske zu vermeiden.
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Denn ja, den Aufnahmen dieses wüstenhaften Hochlands mit seinen felsigen Rändern und dem unglaublich weiten, blauen Horizont eignet etwas Erhabenes. Aber statt ins Existentielle zu überhöhen, bricht Grisi das einfache Bauernleben von Virginio und Sisa aufs Alltäglich-Reale herunter.
Was man hört, spielt dabei eine mindestens so große Rolle wie das, was man sieht. Der Atem des in getrennten Betten schlafenden Ehepaars, das Klappern ihres Geschirrs beim Frühstück, ihre Kaugeräusche beim Essen und natürlich immer wieder der Wind. Die Einstellungen sind meist statisch, ohne das durch Extralänge zu markieren. Sie fangen Vignetten eines stoischen Weitermachens ein, wo Resignation längst angesagt wäre.
Drama Bolivien/Uruguay 2021, 98 min., von Alejandro Loayza Grisi, mit José Calcina, Luisa Quispe