Comedy

Bernhard Hoëcker: „Mein Programm ist wie eine Pflanze“

| Lesedauer: 6 Minuten
Ulrike Borowczyk
Sein neues Programm heißt: „Morgen war gestern alles besser“: Bernhard Hoëcker.

Sein neues Programm heißt: „Morgen war gestern alles besser“: Bernhard Hoëcker.

Foto: Morris Mac Matzen / mmacm.com

Comedian Bernhard Hoëcker gilt als Schlauberger unter den Komödianten. Jetzt tritt er in Berlin auf. Ein Gespräch.

Comedian Bernhard Hoëcker ist nie um eine Antwort verlegen. Egal, ob im Rateteam von „Genial daneben“ oder in TV-Quizshows wie „Kaum zu glauben“ oder „Wer weiß denn sowas!?“. Der 52-Jährige kennt sich aus. Auch in seinem sechsten Bühnen-Programm „Morgen war gestern alles besser“ erklärt er im Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“, wie unsere Welt funktioniert. Im Gespräch spricht er über seine Leidenschaft für die Wissenschaft und verrät, dass Helmut Kohl sein Onkel sechsten Grades ist.

Herr Hoëcker, war früher nicht doch manches besser?

Bernhard Hoëcker: Es war nicht alles besser. Es gab gute Dinge damals. Was aber nicht heißt, dass es jetzt schlecht ist. Was mich gestört und beschäftigt hat, als ich das Programm entwickelt habe, sind die Leute, die mit der Gegenwart nicht klarkommen und deshalb die Vergangenheit verklären.

Womit kommen die Leute denn nicht klar?

Man nimmt ein Detail und sagt sich: „Wir haben früher mehr draußen gespielt.“ Klar, das war so, aber es gab eben auch eine deutlich höhere Kindersterblichkeit. Es werden Momente herausgepickt, die schön waren. Das mache ich selbst auch so. Ich stehe etwa auf der Bühne und erzähle, wie lustig es früher war zu telefonieren. Man kam nicht weiter weg vom Telefon als 2,5 Meter wegen der Schnur. Damals kam meine Mutter in mein Zimmer und wusste sofort, welche Bücher ich lese, welche Musik ich höre und was für Spiele ich spiele. Beim Telefonieren bekam sie noch mit, welche Freunde ich habe und worüber die reden.

Ist das heute im digitalen Zeitalter besser?

Als es mit dem Internet begann, gab es Probleme ohne Ende. Inzwischen wissen die Kinder meist besser als die Eltern darüber Bescheid, wie man sich vor Datenklau schützt. Alles im Handy ist versteckt hinter einem vierstelligen Code oder einem merkwürdigen Muster auf einer Punktfläche. Die Gesellschaft muss sich damit auseinandersetzen, wie man damit umgeht, dass Kinder heutzutage Geheimnisse haben. Hatten sie vorher nie in ihrem Leben. Brauchen sie auch heute nicht. Das ist noch etwas unausgereift.

Mussten Sie an Ihrem Solo etwas ändern, weil sich auch im Lauf der letzten drei Jahre manches geändert hat?

Mein Programm verändert sich eh ständig. Es ist wie eine Pflanze, die wächst. Mal kommt ein neuer Trieb auf der einen Seite raus, mal wird etwas gestutzt. Bis daraus ein wunderschöner Baum geworden ist, der sich stets aufs Neue verändert. Im Prinzip laufen meine Programme immer drei oder vier Jahre lang, weil meine Themen allgemein sind. Mir geht es um wissenschaftstheoretische Dinge. Die sind zeitlos. Etwa die Frage, wie sich das Gehirn verhält oder was es macht. Bestimmte Dinge, über die ich rede, haben aber eine andere Bedeutung bekommen. So sage ich, dass wir den Lehrern grundsätzlich viel zu verdanken haben und dass es ein schwerer Job ist. Vor Corona war das immer ein riesiger Lacher. Jetzt nach der Pandemie, in der wir gemerkt haben, wie wichtig Lehrer sind, stoße ich da auf sehr viel mehr Verständnis.

Sie gelten als der Schlauberger unter den Comedians. Wie sehr verpflichtet Sie dieser Ruf?

Bei mir kommen zwei Dinge zusammen. Zum einen bin ich Entertainer. Zum anderen bin ich sehr neugierig, was Wissenschaft betrifft. Dass ich Spaß habe, Menschen zu unterhalten, ohne sie zu überfordern und gleichzeitig Fakten vermittle, führt genau zu meinem Stil, Inhalte und Dinge vereinfacht zu erklären, so dass es unterhaltsam ist.

Mit Ihrem Wissensschatz sind Sie auch ein gerngesehener TV-Quizzer. Wie groß ist eigentlich das Allgemeinwissen, das Sie mittlerweile dafür angehäuft haben?

Bei „Wer weiß denn sowas!?“ bekommen wir Fragen, die mit dem Allgemeinwissen leider nichts zu tun haben, sondern sehr speziell sind. Andernfalls könnte ich weit mehr beantworten. Weil aber alles sehr schön mit Bildern und in Videos erklärt wird, hat es den entscheidenden Vorteil, dass viel mehr in meinem Kopf mehr hängen bleibt, als wenn man nur sagen würde: „Die richtige Antwort ist A.“ Aber es rutscht auch vieles einfach durch. Ein Gehirn ist ja auch nur begrenzt aufnahmefähig. Es ist so, als ob man ein Bild mit Wasserfarbe in ein Sieb malt. Man kann das Bild erkennen, aber es sind sehr viele Löcher darin.

Gibt es auch Spezialwissen, dass Sie reizt?

Alles, was mit Naturwissenschaften, Geographie und Geschichte zu tun hat, finde ich total spannend. Geschichte ist in den letzten 15 Jahren immer interessanter für mich geworden. Angefangen habe ich mit einer Ahnensammlung. Da habe ich geschaut, mit wem ich wie verwandt bin, und herausgefunden, dass Helmut Kohl mein Onkel sechsten Grades war.

Ursprünglich haben Sie ja mal was Handfestes studiert. Wie kam es, dass Sie vom Weg abgekommen und Comedian geworden sind?

Das hat mehr Spaß gemacht, als Volkswirtschaft zu studieren, und es hat funktioniert. Es gab Menschen, die mich sehen wollten. Außerdem ich hatte damals mit Anfang zwanzig noch keine finanziellen Verpflichtungen. Es wäre aber natürlich schöner, wenn man rückblickend eine Geschichte dazu hätte. Wenn man sagen könnte, ich saß an der Uni in einer Vorlesung. Und als der Professor hereinkam, hatte ich plötzlich die Erkenntnis: Mein Leben ist auf der Bühne. Aber bei mir ist es einfach so passiert.

Wühlmäuse, Pommernallee 2-4, Charlottenburg, Tel. 30 67 30 11, 31.1.-2.2., 20 Uhr.