Philharmonie

Martin Grubingers getrommeltes Inferno zum Abschied

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Mario-Felix Vogt
Martin Grubingers Abschied beim Deutschen Symphonie-Orchester in der Philharmonie.

Martin Grubingers Abschied beim Deutschen Symphonie-Orchester in der Philharmonie.

Foto: Stefan Maria Rother

In seinem letzten Berliner Konzert überhaupt sorgte Martin Grubingers phänomenales Spiel für stehende Ovationen in der Philharmonie.

Man mag es immer noch kaum glauben, aber Martin Grubinger präsentierte sich an diesem Wochenende zum allerletzten Mal dem Berliner Publikum. Seit Jahren hatte er immer wieder mal erwähnt, dass er sich mit 40 von der Bühne verabschieden will, doch diese Äußerungen nahm kaum jemand ernst. Nun setzt er dies in die Tat um: Am 29. Mai feiert er seinen runden Geburtstag, bis zum Sommer tritt er noch auf, danach ist Schluss.

In seinem Berliner Finalkonzert mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin (DSO) unter der Leitung des lettischen Dirigenten Andris Poga stellte sich Grubinger mit einem ganz neuen Werk vor: dem Schlagzeugkonzert des isländischen Komponisten Daníel Bjarnason, das erst 2022 von ihm uraufgeführt wurde. Weitere Stücke des Abends waren Modest Mussorgskys musikalisches Schauerpoem „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ sowie Sergei Prokofjew Suite aus dem Ballett „Romeo und Julia“.

In gewisser Weise wurde das Konzert von satanischen Werken geprägt, denn Mussorgskys „Nacht auf dem kahlen Berge“ beschreibt einen Hexensabbat. Und als Daníel Bjarnason nach der Uraufführung des Schlagzeugkonzerts Martin Grubinger fragte, wie er das Werk denn nennen solle, antworte dieser: „Hölle“. Bjarnason konnte das gut nachvollziehen, denn er hatte beim Komponieren des Stücks „immer diese Vorstellung, dass der Schlagzeuger ein Protagonist sei, der tanzt und singt, während die ganze Welt um ihn herum zusammenbricht.“ Also bekam das Werk den Titel „Inferno“.

Gelegentlich erinnert Bjarnasons Konzert an Filmmusik

In der Tat hatte es bisweilen infernalische Züge, wie Martin Grubinger seine Percussion-Instrumente in Bjarnasons Konzert bearbeitete, das sich in einer gemäßigt-modernen Tonsprache bewegte und gelegentlich ein wenig an Filmmusik erinnerte. Neben dem Marimbafon, diversen Trommeln, Woodblocks und Minigongs hatte er auch noch eine Txalaparta aufgebaut, ein baskisches Volksmusik-Instrument aus rohen Holzbalken verschiedener Länge; dieses spielte er in den kraftvollsten Stellen des Werks mit Hämmern.

Zwischendurch fügte er sich jedoch auch ganz kultiviert in ein Dreier-Ensemble mit den Paukern des DSO ein, und agierte mit diesen als „Primus inter Pares“ an den Pauken. Nach der Aufführung wurde Grubinger von seinen Fans mit stehenden Ovationen gefeiert. Er bedankte sich mit einer hochvirtuosen Zugabe, einem Übungsstück aus seinem Studium für eine einzelne Trommel.

Auch die weiteren Werke gelangen dem DSO unter Poga außerordentlich gut: Voller knisternder Spannung und wunderbarem tänzerischen Schwung in den folkloristischen Passagen führte der lettische Dirigent das Orchester durch den Hexenreigen von Mussorgsky, und in Prokofjews „Romeo und Julia“ begeisterte die Präzision, die knackige Rhythmik und die von Poga wunderbar modellierten Kontraste zwischen Tuttiklängen mit viel Blech und irisierenden Streicherflächen, die aus weiter Ferne zu erklingen schienen. Da gab es in der gut gefüllten Philharmonie viel wohlverdienten Applaus.