Corinna Harfouch komisch? Man bringt die große Mimin ja erst mal mit äußerst dramatischen Rollen in Verbindung. Und wenn sie in Filmkomödien spielt, tut sie es meist mit großem Ernst – was umso komischer und schwierig zu spielen ist. Aber die 68-Jährige witzelnd und schenkelklopfend? Kann man sich nur schwer vorstellen. Umso spannender der Dienstagabend im Deutschen Theater, wo sie den Abend „Du klingst so komisch“ gibt. Mit dem programmatischen Untertitel „Corinna Harfouch auf der Suche nach dem Spaß“.
Sechs Minuten lachen die Deutschen im Schnitt pro Tag. Viel zu wenig, findet die Schauspielerin. Und will das ändern. Mit reichlich Lyrik und Prosa im Gepäck. Sie tut das nicht allein. Sie hat auch die Autorin Traudl Bünger mitgebracht. Sie soll, als „persönliche Lachforscherin“, zwischen den Vorträgen immer mal wieder übers Lachen referieren, wie viele Muskeln dabei bewegt werden und wie genau und worüber wir eigentlich lachen. Klingt ziemlich ernst. Und typisch deutsch. Alles ergründen müssen.
Dialekt befreit - Bald hält es die Vortragende nicht mehr auf ihrem Sitz
Die Deutschen sind ja nicht eben bekannt für ihren Humor. Sie gehen zum Lachen eher in den Keller. Um die Linie vorzugeben, liest die Harfouch anfangs einen Sketch von James Thurber, in dem ein Mann seine Gattin in den Keller locken will. Nicht zum Lachen, sondern um sie umzubringen. Was indes urkomisch erzählt wird, weil die Frau ihn ständig belehrt und alles besser weiß. Bis zuletzt.
Es folgt ein Text von Kirsten Vogts, bei dem Frau Harfouch kräftig berlinern muss. Sie ist ja eigentlich aus Sachsen, wie sie nicht müde wird zu erwähnen. Deshalb entschuldigt sie sich gleich, falls ihr das nicht gelingen sollte. Doch im Gegenteil: Der Dialekt scheint sie zu befreien. Später gibt es auch einen Monolog von Heiner Müller, mit dem sie, unvergessen, 1982 an der Volksbühne „Macbeth“ gebeben hat. Müller aber war Sachse wie sie, und sein „Mann aus dem Fahrstuhl“ entfaltet seine ganze Komik erst, wenn man das sächselt. Sie tut es nach Kräften.
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Schon das hinreißend komisch. Und es hält die Schauspielerin bald nicht mehr auf dem Sitz. Manche Beiträge gibt sie im Stehen, wild gestikulierend mit Hand und Fuß. Auch wenn sie dabei mal ans Pult knallt. Keine Lesung, auch keine szenische, sondern eine echte Spoken-Word-Performance.
Frau Bünger guckt dabei streng ins Publikum und ermuntert die Zuschauer, mal zu beobachten, wie die anderen so lachen. Aber keine Chance: Jeder will, jeder muss auf die Bühne gucken. So ausgelassen hat man Frau Harfouch noch nie erlebt. Und wie sie sich freut über jede Lachsalve, die sie erntet. Weil sie damit das eigene Plansoll erfüllt, immer wieder und mit Bravour.
Auch die Damen auf der Bühne können sich das Lachen nicht verkneifen
Ob sie, komisch genug, Schillers Gedicht „Der Handschuh“ vorträgt, oder Lene Voigts Parodie „Dr Hanschuk“. Ob sie eine Kostprobe aus Sven Regners „Herr Lehmann“ gibt oder aus David Forster Wallaces „Unendlicher Spaß“. Und wie das so ist an Abenden, wo viel gelacht wird, wird die Stimmung immer ausgelassener.
Da kann man auch mal Lieblingswitze von Literaten erzählen, die nicht ganz stubenrein sind. Auch Büngers Moderationen sind gar nicht so bierernst. Man lacht da eher noch auf einer zweiten Ebene. Beide Damen stecken sich oft selber an und können sich das Lachen nicht verkneifen.
Ein herrlich komischer und schön alberner Abend. Womit bewiesen wäre: Frau Harfouch kann dem Affen ganz schön Zucker geben. Vielleicht ist das ja auch ein Mahn- und Weckruf an alle Theatermacher: Besetzt sie doch mal komisch! Schade nur, dass dieser Abend erst mal eine einmalige Sache war. Man wünschte sich dringend ein Da capo.