„Was soll der Scheiß?“, ist die erste Reaktion des überforderten Vaters. Ben (Florian David Fitz) hat es mit seiner Familie ziemlich verkackt. Seine Ex-Frau Mira (Marie Burchard) ist mit den gemeinsamen Kindern Oskar (Laurì) und Erna (Ava Petsch) schon vor längerem ausgezogen. Seither lebt der Polizist allein im Haus. Und ertränkt seinen Frust in Alkohol.
„Oskars Kleid“: Wenn der Papa mit der Situation nicht umgehen kann
Als Mira erneut schwanger ist und ins Krankenhaus muss, will Ben nicht, dass Miras Freund Diego (Juan Lo Sasso) auf die Kinder aufpasst. Er will sich um sie kümmern, auch wenn das mit seinem Job nur schwer zu vereinen ist. Aber da steht Oskar plötzlich im gelben Kleid vor ihm. Und will Lilli genannt werden. Seit Monaten geht das schon, erklärt Erna ihrem Vater. Der ist fassungslos. Das Kleid wirft er in die Mülltonne. Die langen Haare sollen auch ab. Es muss endlich wieder ein Mann ins Haus.
Transgender ist ein Reizthema. Erst recht, wenn schon Kinder mit ihrem Geschlecht hadern. Ist nur eine Modewelle, ein Nachahmungseffekt, das Kind will doch nur Aufmerksamkeit – das sind so die Vorurteile von denen, die sich nicht auf das kontroverse Thema einlassen wollen. Das wäre also eher für ein Drama geeignet, und davon gibt es ja auch schon einige, wie „Ein Kind wie Jake“.
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Florian David Fitz aber hat sich bei „Oskars Kleid“, bei dem er auch das Drehbuch geschrieben hat, für eine Komödie entschieden. Und spielt gleich selbst die Figur, die am wenigsten damit umgehen kann. Alle Abwehrmechanismen werden an seinem Ben festgemacht. Auch wenn er nur das Beste will für seine Kinder: Mit seinen brachialen Methoden erreicht er nur das Gegenteil. Und entfacht Katastrophen. Am Ende ist es nicht der Sohn, der sich ändern muss, sondern der Vater.
Ein Appell für mehr Toleranz und Akzeptanz
Vielleicht ist so eine Komödie, wie vorhersehbar sie auch sein mag, genau das Richtige, um die aufgeheizte Debatte zu entschärfen und in Heiterkeit aufzulösen. Regisseur Hüeyin Tabak hat mit „Gipsy Queen“ schon einmal tradierte Rollenbilder infrage gestellt. Und Fitz hat wunderbare Partner: vor allem in Laurí, seinem Film-Kind. Und seiner Film-Mutter Senta Berger als aufgetakelter Diva. Und dann ist da noch ein großer Auftritt der Diseuse Georgette Dee, die mal Tacheles redet über Männer in Kleidern und sich mehr Humor in der Debatte wünscht. Ein Appell für mehr Akzeptanz und Toleranz.
Komödie D 2022, 105 min., von Hüseyin Tabak, mit Florian David Fitz, Laurì, Marie Burchardt, Senta Berger, Burghart Klaußner, Georgette Dee, Ava Petsch