Literatur

Hanya Yanagihara präsentiert ihren Roman „Zum Paradies“

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Hanya Yanagihara und Moderator Thomas Böhm

Hanya Yanagihara und Moderator Thomas Böhm

Foto: Moritz Haase / Berliner Ensemble

Am Berliner Ensemble stellte die Bestsellerautorin ihr jüngstes Werk vor – und gab Einblicke in den Schaffensprozess

Hanya Yanagihara, Autorin internationaler Bestseller und zugleich Chefredakteurin des Stilmagazins der „New York Times“, wurde am 13. März 2020 ins Homeoffice geschickt. Wie eine „Witch“ sei sie sich dabei nicht vorgekommen, erzählte sie am Dienstagabend auf der Großen Bühne des Berliner Ensembles bei der Deutschlandpremiere ihres neuen Romans „Zum Paradies“ – dabei hätte es Anhaltspunkte dafür gegeben, diesen Zufall für Hexerei zu halten: Denn seit 2017 arbeitete Yanagihara intensiv am dritten Teil ihres Romans, der in einer von Pandemien geschüttelten Zukunft im Jahr 2083 spielt, sie sprach dafür sogar mit einem Mitarbeiter des Mannes, der 2022 in aller Munde sein sollte: Anthony Fauci, Immunologe und Chefberater der US-Administration.

Der Abend, der von Thomas Böhm moderiert und zeitgleich bei Radio 1 ausgestrahlt wurde, lieferte interessante Perspektiven auf den fast 900 Seiten starken Roman. Der Schauspieler Sabin Tambrea, bekannt aus der „Kudamm“-Fernsehreihe und der Serie „Babylon Berlin“, las drei repräsentative Ausschnitte. Als eine Art Triptychon führt „Zum Paradies“ zunächst in einer fiktionalisierte Vergangenheit der USA im Jahr 1893, führt dann in ein sehr realistisches Szenario hundert Jahre später, um schließlich besagte Dystopie zu erreichen. Die Auswirkungen der Kolonialgeschichte, Diskriminierung von Homosexuellen und der menschliche Raubbau an den natürlichen Lebensgrundlagen: All das spielt in diesen motivisch verflochtenen Geschichten eine Rolle.

Am wichtigsten sei ihr aber, sagte Yanagihara, eine Konstante menschlichen Daseins: Das Bedürfnis nach Liebe und der Wunsch, Liebe zu geben. In „Zum Paradies“, aber nicht nur dort, ist dieses Motiv tatsächlich für alle ihre Geschichten prägend. Sie gab sich an diesem Abend als leidenschaftliche Leserin der Irrungen und Wirrungen bei Jane Austen, Charles Dickens und Leo Tolstoi zu erkennen – in deren Romanen, Stichwort Heiratspolitik, immer auch das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft seine Funken schlägt. Im Applaus wurde Vorfreude auf ihren nächsten Roman spürbar.