Premiere

Till Weinheimer inszeniert „Mephisto“ am Berliner Ensemble

| Lesedauer: 2 Minuten
Jakob Schmidt, Wassilissa List, Johanna Asch und Dominik Hartz (von links).

Jakob Schmidt, Wassilissa List, Johanna Asch und Dominik Hartz (von links).

Foto: Matthias Horn / Mephisto

Ein beunruhigender Abend in lässigem Ambiente: Junge Schauspieler übersetzen Klaus Manns Roman in spannende Episoden.

Seine Geschichte endet nicht mit einem Knall, sondern mit einem Wimmern. Hendrik Höfgen, Intendant des Staatstheaters und Besitzer einer riesigen Villa im Grunewald, hadert mit seiner Schauspielkunst und fühlt sich von seinen Freunden allein gelassen. „Ich bin doch nur ein ganz gewöhnlicher Schauspieler“, schluchzt er – wie um auszublenden, dass er, wie es in Klaus Manns „Mephisto“ heißt, ein „Affe der Macht“ geworden ist, ein „Clown zur Zerstreuung der Mörder“.

Manns Roman, der 1936 in einem Amsterdamer Exilverlag erschien, nahm sich in leicht durchschaubarer Verfremdung die Aufstiegsgeschichte seines ehemaligen Schwagers Gustaf Gründgens vor und entwarf an seinem Beispiel ein düsteres Sittenbild der deutschen Gesellschaft im Nationalsozialismus. Die Wahl fiel auf Gründgens, schrieb Mann später, „weil ich ihn zufällig genau kannte. Gerade in Anbetracht unserer früheren Vertrautheit erschien mir seine Wandlung, sein Abfall so phantastisch, kurios, unglaubhaft, fabelhaft genug, um einen Roman darüber zu schreiben“.

Die Gefolterten und die Dämonen der Macht

Unter der Regie von Till Weinheimer und in Kooperation mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch ist am Neuen Haus des Berliner Ensembles nun ein sehenswerter Abend aus der Vorlage entstanden, der zugleich einen Blick auf die Nachwuchstalente erlaubt. Dominik Hartz spielt den Höfgen überzeugend als Pendel zwischen energetischer Explosion und narkotischer Lethargie – ein Borderliner, der Menschen mit sich in den Abgrund reißt. An seiner Seite sehen wir Wassilissa List und Johanna Asch in wechselnden Rollen und Temperamenten als die Frauen an Höfgens Seite. Lennart Preinig darf unter anderem als blutüberströmter, von den Nazis gefolterter Kommunist Otto Ulrichs Höfgen daran erinnern, welchen Herrschern er hier dient. Und Jakob Schmidt brilliert als verschrobener Schriftsteller Theophil Marder genauso wie als eiskalter Ministerpräsident Göring. Das alles ist in kurzen, immer auch beunruhigenden Episoden inszeniert. Sibylle Gädeckes Bühnenbild mit rollenden Sesseln, einer Bar und einem Vorhang gibt dem Abend einen lässigen Rahmen, in dem viel gesungen und vor allem gut gespielt wird. Inspirierend.

Berliner Ensemble, Bertolt-Brecht-Platz 1, Mitte. Wieder am 17. Juli, 20 Uhr.