Berlin. Am Dienstag öffneten weitere Museen für eine begrenzte Zahl von Besuchern – allerdings nur auf absehbare Zeit.

Es wird wohl nur ein kurzes Vergnügen für die Stammgäste der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) sein. Doch das damit gesandte Signal reicht vielen von ihnen schon aus. „Die Zeit ohne die Ausstellungen war eine anstrengende für mich“, sagt etwa die Kunstgeschichtsstudentin Eleanor Dahlke, während sie zielsicher durch die Gänge der Gemäldegalerie am Kulturforum zu ihren Lieblingswerken spaziert. Da auch die Universitäten geschlossen seien, verliere man doch leider sehr leicht die Verbindung zur Kunst. „Ich habe dieses Jahr ein Seminar für Erstsemester angeboten, das eigentlich auch Museumsbesuche beinhalten sollte“, sagt Dahlke. Die Lehrveranstaltung habe wegen der Corona-Pandemie aber vollkommen digital stattfinden müssen: „Es ist einfach nicht das gleiche wie die Bilder hier vor Ort sehen zu dürfen.“

Neben der Gemäldegalerie haben seit Dienstag im Kulturforum am Potsdamer Platz noch das Kupferstichkabinett und die Kunstbibliothek sowie der Hamburger Bahnhof an der Invalidenstraße kurzfristig wieder für Besucher geöffnet. „Allesamt große, weitläufige Publikumshäuser, in denen die Hygienekonzepte und die Begrenzung auf eine Person pro 20 Quadratmeter gut umgesetzt werden können“, sagt SMB-Sprecher Markus Farr. Die limitierten Eintrittskarten gibt es nur Online für bestimmte Zeitfenster - und natürlich nur mit tagesaktuellem, negativen Antigen-Schnelltest in der Tasche.

Rund 11.000 verkaufte Tickets seit dem 1. April

Diesen Aufwand nehmen vor allem die in den Häusern bereits bekannten Gesichter auf sich: also primär Stammgäste und Jahreskartenbesitzer, wie es vom Empfang des Kulturforums heißt. „Gerne würden wir auch selbst Tests in Zentren vor Ort anbieten, um den Zugang weiter zu erleichtern“, erklärt Farr. Allerdings empfehle der Berliner Senat, den Test im Falle eines positiven Ergebnisses lieber in der Nähe des eigenen Wohnortes durchzuführen. „Das macht natürlich auch Sinn“, so Farr.

Dementsprechend ist der Andrang in den Häusern am Dienstagmorgen überschaubar. Rund 250 Personen haben sich über den ganzen Tag verteilt für die Museen am Kulturforum angemeldet. Ungefähr ebenso viele sind es am Hamburger Bahnhof – einer Ausstellungsstätte, die diese Anzahl an Gästen in normalen Zeiten in knapp zwei Stunden begrüßen könnte.

Auch der Hamburger Bahnhof an der Invalidenstraße hat seit Dienstag wieder für Besucher geöffnet, hier eine Installation von Pauline Curnier Jardin.
Auch der Hamburger Bahnhof an der Invalidenstraße hat seit Dienstag wieder für Besucher geöffnet, hier eine Installation von Pauline Curnier Jardin. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

„Wir sind am kommenden Wochenende ganz gut ausgebucht, so fern wir noch geöffnet haben“, sagt Farr, „unter der Woche etwas weniger. An allen Tagen ist noch etwas frei.“ Die seit dem 1. April für alle zehn Museen verkauften 11.000 Tickets seien dabei für die SMB natürlich hochgerechnet relativ wenig. „Uns geht es aber auch eher darum, ein Zeichen zu setzen, dass wir noch da sind, und zu verdeutlichen, dass ein subjektiv sicherer Museumsbesuch bei uns möglich ist“, sagt Farr.

Ähnlich sieht es Dagmar Korbacher, Direktorin des Kupferstichkabinetts, in das sich am Dienstag nur wenige Menschen verirren. „Uns ist nach einem halben Jahr Pause und Leere jeder Besucher wichtig“, betont sie, „wir machen die ganze Arbeit ja nicht für uns allein, sondern für die Leute da draußen.“ Zumindest einige dieser Leute wandeln am Dienstag fast andächtig durch die menschenleeren Hallen der Gemäldegalerie. Der viele Platz lässt die wuchtigen, oft christlichen Motive des Hauses beeindruckender, aber auch durchaus einschüchternder wirken. Während hier und da Gäste auf den Bänken verweilen, ist das Wachpersonal in den meisten Räumen unter sich.

Ausstellungshäuser richten sich auf baldige Schließung ein

Marie Pommer ist mit Mutter und Großmutter vor Ort. „Ich bin Jahreskartenbesitzerin und habe regelmäßig nachgeschaut, wann ein Besuch wieder möglich ist“, sagt sie. Als absoluter Fan der so unterschiedlichen Berliner Museen war die Zeit der Schließungen eine schwere für sie, gibt Pommer zu: „Letzte Woche erst war ich noch einmal im Pergamonmuseum, ich interessiere mich für fast alle Häuser hier.“

Im Hamburger Bahnhof wieder zugänglich: die Arbeit „Das Ende des 20. Jahrhunderts“ von Joseph Beuys, entstanden 1982/83.
Im Hamburger Bahnhof wieder zugänglich: die Arbeit „Das Ende des 20. Jahrhunderts“ von Joseph Beuys, entstanden 1982/83. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Wenige Kilometer weiter am Hamburger Bahnhof bietet sich ein ganz ähnliches Bild. Die ausladende, ehemalige Bahnhofshalle scheint wie gerade erst vom Schienenverkehr abgekoppelt, nur vereinzelt sind Menschen unterwegs. Luise Nübling ist mit einem Freund in den zum Museum gehörigen Rieck-Hallen. Sie ist erst vor zwei Wochen nach Berlin gezogen und schätzt schon jetzt das momentan doch sehr begrenzte kulturelle Angebot der Hauptstadt: „So lange es noch geht, werde ich mir die Woche auf jeden Fall ein paar weitere Museen ansehen“, sagt sie.

Wie lang das wirklich ist, kann derweil keiner so genau sagen. Nur, dass es wohl nicht allzu lang sein wird. Am Dienstag noch beschloss die Bundesregierung jedenfalls eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Dadurch werden in Landkreisen und kreisfreien Städten bundeseinheitlich ab einer drei Tage aufeinander folgenden Sieben-Tage-Inzidenz über 100 – wie zuletzt in Berlin –e absehbar auch alle kulturellen Einrichtungen wieder schließen müssen. „Wir haben das natürlich im Blick und sind darauf vorbereitet“, sagt Markus Farr. Immerhin seien die Eröffnungen in Kulturforum und Hamburger Bahnhof aufgrund der Verwirrung um die Inzidenzwerte Anfang April ja auch bereits um zwei Wochen nach hinten verschoben worden. „Wir warten einfach ab, wie lange wir noch für unsere Gäste geöffnet haben dürfen“, sagt Farr.