Fernsehen

„Einer wie Erika“: Das Goldmädel, das ein Junge war

| Lesedauer: 2 Minuten
Peter Zander
Ein zerrissener Mensch: Markus Freistätter als Erik(a).

Ein zerrissener Mensch: Markus Freistätter als Erik(a).

Foto: ARD / SWR/

Die Aufarbeitung eines großen Sportskandals ist mit großer Verspätung endlich auch im deutschen Fernsehen zu sehen: „Einer wie Erika“.

Sie war ein Star auf den Brettern. Die große Ski-Hoffnung aus einem kleinen Kärntner Dorf. 1966 in Portillo wurde Erika Schinegger Weltmeisterin. Doch bevor sie 1968 zu den Olympischen Spielen nach Grenoble reisen durfte, wurde bei einer Routineuntersuchung festgestellt, dass das Goldmädel gar kein Mädel war.

Es wurden männliche Genitalien festgestellt, die nach innen gewachsen waren. Ein seltener Fall von Pseudohermaphroditismus. Von dieser realen Begebenheit erzählt der österreichische Kinofilm „Einer wie Erika“ von 2018, der erst am heutigen Mittwoch seine späte deutsche Premiere in der ARD erlebt.

Es ist das tragische Leben von einem Mädchen, das lieber Traktor fährt als mit Puppen zu spielen. Und heimlich in die beste Freundin verliebt ist. Das burschikose Auftreten des Landeis kommt nicht bei allen Funktionären des Skisports gut an, aber ihre Erfolge sprechen für sich. Jeder lässt sich gern mit der Siegerin ablichten.

Der Trailer zum Film: „Einer wie Erika“

Die Katastrophe ist daher nicht nur, dass eine 19-Jährige feststellen muss, dass sie immerzu ein falsches Leben gelebt hat. Sondern wie der Sportverband damit umgeht: den Skandal vertuschen, das Mädchen verstecken und still und heimlich eine Geschlechtsumwandlung erzwingen. Welchen Mut, welches Selbstbewusstsein muss das einen junge Mensch gekostet haben, sich gegen eine rigide Phalanx alter, bestimmender Männer durchzusetzen.

Der Film lebt von seinem überzeugenden Hauptdarsteller

Damals war das Thema noch ein Tabu. Vor allem in der Welt des Sports. Auch wenn es einen vergleichbaren Fall schon mit der Leichtathletin Dora Ratjen bei den Olympischen Spielen 1936 gab. Der aber wurde totgeschwiegen, und das versuchte man auch bei Erika Schinegger, die zu Erik wurde. 20 Jahre brauchte er, um seine Geschichte im Buch „Mein Sieg über mich – Der Mann, der Weltmeisterin wurde“ zu verarbeiten.

Vor zwei Jahren hat Reinhold Bilgeri einen intensiven Spielfilm daraus gemacht, der jetzt endlich auch bei uns zu sehen ist. Der Film lebt ganz vom überzeugenden Spiel des Hauptdarstellers Markus Freistätter, fokussiert aber neben dem persönlichen Drama immer auch auf die Umwelt, die sich erst im Erfolg des Stars sonnt und ihn später nicht nur ausgrenzt, sondern an einer weiteren Karriere hindert.

Ein bitterer Film, vor allem, weil man ahnt, dass sich das Denken im Profisport trotz aller Gender-Diskussion bis heute nicht groß geändert haben dürfte.

„Einer wie Erika“: ARD, heute, 20.15 Uhr.