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„Star Wars IX“: Sag zum Abschied lärmend Servus

| Lesedauer: 7 Minuten
Peter Zander
"Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" feiert Premiere

"Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" feiert Deutschlandpremiere

Am 18.12. startet "Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" offiziell in deutschen Kinos.

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Mit „Star Wars IX: Der Aufstieg Skywalkers“ endet die legendäre Sternensaga. Aber kann man solch ein Epos überhaupt zum Ende bringen?

Es gibt in diesem ganzen 142 Minuten langen Film einen einzigen Augenblick der Ruhe. Da schwebt die Jedi-Ritterin Rey (Daisy Ridley) in der Luft, meditierend im Schneidersitz, die Augen geschlossen, und lässt ein paar Steine um sich kreisen. Ein Moment der Einkehr, der Kontemplation, so kurz, dass man ihn verpassen könnte, wenn man kurz nach dem Popcorn langt.

Denn jäh wird diese Ruhe gestört durch eine tennisballartige Sonde, die der dunklen Seite der Macht verraten soll, wo die Heldin sich aufhält. Und gleich hetzt Rey durch den Wald, um die Sonde mit dem Laserschwert zu zerstören, wobei gleich mehrere Bäume abgeholzt werden.

Diese Szene ist ein schönes Sinnbild für die Macher der „Star Wars“-Filme. Denn wie bei einem James-Bond-Abenteuer gibt es gewisse Komponenten, die in keiner Episode fehlen dürfen, die wie die Steine um das Zentrum kreisen müssen. Und die Macher haben ihre Ideen diesmal wohl lange kreisen lassen. Denn „Star Wars IX: Der Aufstieg Skywalkers“ ist nicht irgendein weiterer Teil der legendären Sternensaga. Sondern ein Schlusspunkt und endgültiger Abschied.

Was die Saga mit Pippi und Fischstäbchen verbindet

Damit endet auch ein ganz persönlicher Traum: der von George Lucas nämlich, der, als er 1977 den ersten „Star Wars“-Film ins Kino brachte, nicht nur eine Trilogie plante, sondern gleich drei mit Vor- und Nachgeschichte zu den ersten drei Teilen. Die „Prequel“-Trilogie hat er ab Ende der 90er-Jahre noch selber in Angriff genommen – und die Fans dabei eher enttäuscht. Dann aber hat der Sternenkrieg-Erfinder seine Idee an Disney verkauft, für stolze vier Milliarden US-Dollar. Und das Mäuse-Imperium nahm dann die letzte, die „Sequel“-Trilogie in Angriff, nebst ein paar zusätzlichen Spin-Off-Filmen. Man muss die Kuh ja melken, so lange sie Milch gibt.

„Episode IX“ ist aber auch ein Schlusspunkt für all die Fans, die über 42 Jahre überall auf der Welt mit diesen Filmen aufgewachsen sind. Den „Star Wars“-Filmen geling, was sonst höchstens eine „Pippi Langstrumpf“-Wiederholung im Fernsehen oder Fischstäbchen in der Bürokantine schaffen: aus gestandenen Erwachsenen wieder kleine Kinder zu machen, die feuchte Augen kriegen. Und das schon, wenn nur John Williams’ berühmte Fanfare erklingt.

Selbst die Stars bekamen einen Maulkorb

Wie aber kann man so ein Epos, eines der größten Mythen der Pop-Kultur zu einem Ende bringen? Schon die letzte Staffel von „Game of Thrones“ hat gezeigt, wie man Fans enttäuschen und brüskieren kann. Und da ging es um einen gerade mal acht Jahre währende Serie. Kann man da nicht nur verlieren, wenn man einen über vier Dekaden währenden Hype abschließt? Müsste man nicht eigentlich adäquat so aufhören, wie 1977 alles begann: einfach mittendrin?

Nein, das hat der Disney-Konzern natürlich nicht getan. So viel darf man schon mal sagen. Auch wenn man mehr kaum verraten kann, weil dann gleich Spoiler-Alarm geschlagen wird. Und selbst den Stars wurde ja vom Studio ein Maulkorb verpasst.

Man könnte sich am besten an das halten, was Hauptdarstellerin Daisy Ridley vorab andeutete: „Es gibt Kämpfe, gute und böse Leute, einige dazwischen, Lichtschwerter. Und einen großen Showdown, über den ich aber nicht sprechen darf.“ Womit natürlich gar nichts gesagt ist, weil das auf jeden „Star Wars“-Film zutrifft.

Neue Disziplin: Intergalaktisches Armdrücken

Wir werden niemand überraschen, wenn wir andeuten, dass es sehr laut und hastig zugeht. Verfolgung folgt auf Verfolgung, Raumschlacht auf Raumschlacht. Sag zum Abschied lärmend Servus, war wohl das Motto: Als hätten die Macher Angst, man könnte in einem ruhigen Moment das ewige Effekte-Spektakel hinterfragen. Es kommt gleich zu mehreren Konfrontationen zwischen der redlichen Rey und dem auf die dunkle Seite der Macht gefallenen Kylo Ren (Adam Driver). Die beiden erfinden dabei quasi das intergalaktische Armdrücken: Kräfte werden nicht mit dem Bizeps gemessen, sondern damit, wer mit telekinetischer Kraft ein Raumschiff stoppen oder weiterfliegen lassen kann. Das immerhin ist ein sehr hübsches Bild.

Es gibt auch jede Menge Wiedergänger: Imperator Palpatine (Ian McDiarmid) war eigentlich schon erledigt und kehrt doch zurück. Auch Luke Skywalker (Mark Hamill) hat schon in „Episode VIII“ das Zeitliche gesegnet und stand doch wieder auf der Besetzungsliste. Im Umkehrschluss lebt Prinzessin Leia noch, obwohl deren Darstellerin Carrie Fisher vor drei Jahren gestorben ist.

Der Tod schützt nicht vor Wiederkehr

Dafür wurden alte Aufnahmen verwendet, die im letzten Teil keinen Gebrauch fanden. Das macht ihren Beitrag freilich bloß zu einer Art Second-Hand-Auftritt. So mag man eigentlich nicht aus seinem eigenen Mythos scheiden.

So oder so: Der Tod schützt nicht vor Wiederkehr. Und wer böse ist, muss das nicht bleiben. Das kennen wir schon aus früheren Filmen. Es fragt sich nur, wie oft man das variieren kann, bis es irgendwann auch egal ist.

„Episode VIII“ von Rian Johnson hat vor zwei Jahren „nur“ 1,3 Milliarden Dollar eingespielt, deutlich weniger als J.J. Abrams’ „Episode VII“ mit 2,1 Milliarden. Deshalb musste Abrams beim finalen Teil wieder ran. Er hat dabei die Steinchen, die unabdingbaren Elementare, munter kreisen lassen. Aber alles routiniert und auch etwas vorhersehbar inszeniert.

Das Kriegsbeil kann jederzeit wieder ausgegraben werden

Die Fangemeinde wird nicht gespalten sein wie bei „Game of Thrones“. Dennoch wirkt „Episode IX“ nur wie ein weiterer „Star Wars“-Film. Es ist aber kein würdiger Abschluss für einen Neunteiler, schon gar nicht für eine Epoche.

Am Ende werden zwei Laserschwerter vergraben. Sie werden nicht mehr gebraucht. Aber man weiß ja nie. Und könnte das Kriegsbeil so jederzeit wieder ausgraben. Tschüss, ihr Jedis: Der Lucas-Film ist jetzt ausgeträumt. Der Disney-Traum noch lange nicht. Man möchte auch weiter an der Marke verdienen. An einer nächsten Trilogie wird schon gefeilt. Es wird also auch künftig keine Ruhe geben im All. Wie das Ganze weiter geht, steht aber noch in den Sternen.

Science-Fiction USA 2019 142 min., von J.J. Abrams, mit Daisy Ridley, Adam Driver, Mark Hamill, Carrie Fisher, Oscar Isaac, John Boyega