Konzert in Berlin

Barenboims Waldbühnenkonzert – Ein berauschendes Ereignis

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Das West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim in der Berliner Waldbühne.

Das West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim in der Berliner Waldbühne.

Foto: pa

Das West-Eastern Divan Orchestra spielte am Samstag unter der Leitung von Daniel Barenboim ein meisterhaftes Konzert in der Waldbühne.

Berlin. Es ist ein Abend der besonderen Begegnungen. Ein Symbol des friedlichen Miteinanders verschiedener Kulturen. Denn das West-Eastern Divan Orchestra gibt sein traditionelles Waldbühnenkonzert unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim. Und es widmet den Abend dem großen Ludwig van Beethoven. Denn diesmal wird gleich ein zweifaches Jubiläum gefeiert: Das 20-jährige Bestehen des Orchesters und der Auftakt zum Beethoven-Jahr, dessen 250. Geburtstag 2020 ansteht.

Zur Eröffnung erklingt die Ouvertüre zu „Egmont". Das Orchester beginnt mit einem düstereren Trauermarsch. Kein Omen für das Konzert, das durchaus mit heiteren Melodien zu unterhalten weiß im fast ausverkauften Freiluft-Rund.

Die Atmosphäre ist anders als bei den Rock- und Popkonzerten, die hier sonst zu hören sind. Andächtig fast, in jedem Fall konzentriert. Das Orchester begeistert dazu mit einem exzellenten, luziden Klang, der auch schon mal wunderbar schwelgerisch sein kann.

Das West-Eastern Divan Orchestra: eine starke politische Botschaft von immenser Strahlkraft

Gegründet 1999 in Weimar von Daniel Barenboim und dem palästinensisch-amerikanischen Literaturwissenschaftler Edward W. Said, spielen im West-Eastern Divan Orchestra israelische und arabische Musiker gemeinsam. Eine starke politische Botschaft von immenser Strahlkraft. In der Waldbühne gastierte das weltweit renommierte Orchester 2008 zum ersten Mal, seit 2011 dann jährlich.

Mit Ludwig van Beethoven und seinem zeitlosen Werk, das Ausdruck seiner frei­heit­li­chen Ge­sin­nung war, steht ein so genialer wie unangepasster Komponist im Mittelpunkt. Er war bekanntlich der Vollender der Wiener Klassik und der Wegbereiter der Musik der Romantik zugleich. Im Bewusstsein, für die Nachwelt zu schreiben, feilte er anders als etwa Mozart so lange an seinen Kompositionen, bis er sie für perfekt erachtete. Daher ist die Qualität seiner Werke ohnegleichen.

Wie auch das Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 beweist. Solist ist Michael Barenboim, der Sohn von Daniel Barenboim. Mit 14 Jahren kam er zum West-Eastern Divan Orchestra, mit dem er nun seit 19 Jahren auf der Bühne steht. In einem Interview sagte der 34-Jährige unlängst, für ihn sei Beethovens Komposition ein Highlight der Geigenliteratur und er meinte: „Es ist das ultimative Violinkonzert. Man muss Reife mitbringen, um es zu spielen."

Tatsächlich ist das 1806 uraufgeführte Stück ein Meilenstein der Musikgeschichte. Übrigens das einzige Violinkonzert, das Beethoven vollendet hat. Technisch äußerst anspruchsvoll sowohl für den Solisten als auch für das Orchester. Und mit 40 Minuten so lang wie kein Violinkonzert davor. Michael Barenboim weiß es vorzüglich zu interpretieren. Er vereint dabei spielerische Leichtigkeit virtuos mit zarten, sehnsuchtsvollen Tönen. Im dritten Satz sprüht er nur so vor Temperament und Lebendigkeit. Genau wie das Orchester.

Als Michael Barenboim sich verspielt, folgt eine lebhafte Debatte mit seinem Vater Daniel

Einmal greift der prominente Solist daneben, verspielt sich leicht und muss schmunzeln. Anschließend folgt eine kurze, lebhafte Debatte mit dem Dirigenten, bei der man gern Mäuschen spielen würde. Sie endet mit einer beschwichtigenden Geste des Juniors. So ist das eben bei Vater und Sohn. Der Applaus nach dem Violinkonzert will einfach nicht verebben. Daher gibt es bereits an dieser Stelle eine Zugabe von Michael Barenboim, der sich mit einer Sonate von Bach bedankt.

Nach der Pause steht dann die „Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92" auf dem Programm. Sicherlich Beethovens melodienreichste. Uraufgeführt wurde sie am 8. Dezember 1813 vor 5000 Zuhörern. Es war Beethovens größter Erfolg zu Lebzeiten.

Seinen inoffiziellen Untertitel erhielt das Werk später von keinem Geringeren als Richard Wagner: „Apotheose des Tanzes". Kein Wunder bei dem frischen, schwungvollen Klang, der auf die langsame Einleitung folgt. Bei den vielen unsterblichen Beethoven-Melodien der „Siebten“ möchte man eigentlich dauernd mitwippen. Und das West-Eastern Divan Orchestra macht die Sinfonie zu einem berauschenden Ereignis. Perfekt an diesem lauen Sommerabend.