Berlin-Konzert

Gary Clark spielt im Astra Kulturhaus gegen die Hitze an

| Lesedauer: 3 Minuten
Nils Neuhaus
Gary Clark (Archivbild)

Gary Clark (Archivbild)

Foto: WME Entertainment

Trotz reduzierter Bühnenshow begeistert Gary Clark sein Publikum mit eindringlichen Songs, die einige Gänsehautmomente bereithalten.

Berlin. Das weit aufgeknöpfte Hemd klebt dem drahtigen Grammy-Gewinner schweißnass am Körper. Zwischen dem Stoff glänzt seine blanke Brust im Scheinwerferlicht. Unter dem Hut mit der breiten Krempe, der für Gary Clark Jr. längst zum Markenzeichen geworden ist, laufen ihm dicke Tropfen über die Stirn und behindern seine Sicht.

Unbeirrt lässt der Musiker seine Gitarre aufjaulen. Den Moment zwischen zwei Noten nutzt er für einen tiefen Atemzug, dann schlägt er mit aller Kraft einen stark verzerrten Akkord an.„Heiß habt ihr’s hier“, kommentiert der Sänger und Gitarrist schon früh am Donnerstagabend die gestaute Hitze im Astra Kulturhaus. Worte, die aus dem Mund des Texaners schwer wiegen. Allerdings wird die Wortmeldung des 35-jährigen außerhalb seiner Lieder eine Ausnahme bleiben. Kurz darauf reduzieren die rückwärtigen Bühnenscheinwerfer ihn wieder zur Silhouette, sodass er sich im Zwielicht in seinem Gitarrenspiel verlieren kann.

Eine Stimme wie trockene Wüstenluft

Gleich von Beginn an steht der Abend ganz im Zeichen der Gitarre, und genau dafür ist das buntgemischte Publikum ins Astra gekommen. Ein ausgedehntes Gitarrensolo jagt das nächste, und zwischen den instrumentalen Einlagen singt Gary Clark Jr. mal gefühlvoll in hohen Tönen, mal mit einer rauen Stimme, die an trockene Wüstenluft denken lässt. Vor allem die Songs seines neuen Albums „This Land“ bekommen die Fans an diesem Abend zu hören. Darunter Nummern wie „Got to Get Up“ und „Gotta Get Into Something“, die beide mit ihrem einschlägigen Rhythmus das Publikum in Bewegung versetzen. Und natürlich kommen auch diese Songs nicht ohne ausgiebig zelebrierte Gitarrenparts aus.

Während seiner Ergüsse auf der Gitarre steht Gary Clark Jr. meist entrückt, mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund am vorderen Bühnenrand, mal hebt er dazu genüsslich die Brauen, mal krümmt er seinen Rücken, als wäre er von einer Art religiöser Verzückung ergriffen. Zeitweise wirkt es, als würde er gegen die Hitze im Saal anspielen. Derartige Momente reizt er in der Regel aus, bis das Publikum erste Ermüdungserscheinungen zeigt. Dann rüttelt er es wieder wach, indem er unvermittelt in die nächste Strophe einsteigt.

Zwischen den Songs schreit das Publikum immer wieder den Namen des Musikers, mal wird auch einer seiner Texte angestimmt oder in hohem Falsett gejohlt. Gary Clark Jr. zeigt jedoch wenig Lust, mit seinen Fans zu interagieren. Richtig wohlzufühlen scheint er sich nur, wenn er mit geschlossenen Lidern seine Finger über den Hals der Gitarre gleiten lässt. Ansonsten wirkt er auf der Bühne zwischenzeitlich eher schüchtern.

Gänsehautmoment bei „Come Together“

Hin und wieder gibt es jedoch Momente großer Selbstsicherheit. Zum Beispiel während des Songs „This Land“, der sich zur wachsenden Reihe der Protestlieder gesellt, die momentan als Folge der Präsidentschaft Donald Trumps entstehen. Die Nummer zeigt deutlich die Hip-Hop-Einflüsse des Texaners und wird stimmlich von melodischem Sprechgesang begleitet. Darin beklagt der schwarze Musiker vor allem den Rassismus in seinem Heimatland.

Wenige Lieder später endet das Konzert auf einer versöhnlichen Note, und dem Publikum wird zum Schluss eines der absoluten Highlights des Abends geboten. Für seine Cover-Version des Beatles-Songs „Come Together“ mobilisiert Gary Clark Jr. noch einmal alle Kraftreserven. Die Fans danken es ihm, indem sie den Chorus des Stücks lautstark mitsingen und so die letzten Minuten zum Gänsehautmoment werden lassen.