Berlin. „Zigarrengeruch liegt in der Luft, bunte Oldtimer beherrschen die Straßen, Musik dringt aus den Bars in die kleinen Gassen, wo hübsche Kubanerinnen zwischen den alten Kolonialbauten Salsa tanzen“ - in Sachen Kubaklischees leistet das Programmheft ganze Arbeit.
Es führt in die muntere Show „Havana Nights“ ein, die am Montagabend im Admiralspalast Station macht und am Ende mit stehenden Ovationen bedacht wird. Auf der Bühne werden dann auch die Rumfässer nachgereicht, die bei der zitierten Beschwörung von Karibikromantik unbegreiflicher Weise fehlen.
Prall gefüllte Revue, die die Sinne beschäftigt
Als Tourist auf der ersten Kubareise seines Lebens verliebt man sich natürlich sofort in eine der besagten kubanischen Schönheiten und beschließt für immer zu bleiben - damit wäre die Rahmenhandlung dieses Entertainmentparcours präzise zusammengefasst. Sie ist Nebensache, denn schließlich ist dies kein dramaturgisch ausgeklügeltes Theaterstück, sondern eine pralle Revue, deren Mischung aus Tanz, Kostümen, Zirkusartistik, Gesang und Musik die Sinne vollauf beschäftigt.
Zwei Stunden lang betören in Glitzer gehüllte Sängerinnen die Zuhörer, fliegen muskulöse Körper durch die Luft, machen sexy Tänzerinnen in farbenfrohen Kleidern die Stuhlreihen zum Hüftgefängnis. Durchtrainierte Athleten schnippen sich mittels einer Wippe gegenseitig durch den Saal oder machen einarmig Handstand auf dem Kopf des anderen, Breakdancer wirbeln im Kreis, Röcke werden gelüpft, heiße Rhythmen getrommelt.
Nahtloser Übergang zwischen Tanz und Handlung
Die Mischung macht’s könnte man sagen. Und die Choreografie. Die ist keineswegs altbacken. Tanz, Akrobatik und Handlungsstrang gehen temporeich und nahtlos ineinander über. Action ohne Unterlass, wer auf der Bühne jeweils die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist meist umgeben von dem farbenfrohen Ensemble, aus dem heraus sich die nächste Nummer entwickelt.
Getanzt wird von urban bis klassisch. Neben der Tanzkompagnie sind es Artisten des kubanischen Nationalzirkus’, die für Szenenapplaus sorgen. Außerdem gibt es die „Live-Girl-Band“, die von der Beletage des Bühnenbildes herunter die Stimmung anheizt. Musikalische Frauenpower pur, mit der der Soundtrack - sonst über weite Strecken auf Band - mitreißend aufgepeppt wird.
Klassiker „Guantanamera“ oder „La Vida Es Un Carnaval“ werden gespielt
Für die Musik wird ausgiebig in der Kubakiste gekramt, nicht nur in der Ecke mit den Buena Vista Social Club-CDs. Von „Besame Mucho“ bis zum Kuba-Techno wird alles verwurstet, was Stimmung verspricht und Wiedererkennungswert hat. Klassiker wie „Guantanamera“ oder „La Vida Es Un Carnaval“ von Celia Cruz, Elvis Crespos Hit „Suavemente“ und Stücke jüngeren Entstehungsdatums wie der Kuba-Hip-Hop der Band Orishas.
Von der Dinner-Show zur Revue
„Havana Nights“ war vor drei Jahren eigentlich als Dinner-Show konzipiert worden, drei Blöcke, zwischen denen gespeist wurde. In dieser Form erhielt sie nicht nur eine Nominierung für den „Live Entertainment Award“, sondern war für den Zweck auch deutlich überdimensioniert, wie Co-Produzentin Rimma Wachsmann berichtet. So kam es zur Überarbeitung und der aktuellen Tournee über zahlreiche Bühnen des Landes.
Während das auf Señora Rodriguez oder Señor Velazquez hörende Ensemble dabei den kulturellen Hintergrund für eine Kubashow sehr offensichtlich mitbringt, ist das Produktionsteam von CEO bis zu Regie und Kostümdesign praktisch vollständig russischsprachig bzw. (post)sowjetischer Herkunft - wie die ukrainische Sängerin Zlata Ognevich, die Partien für den Soundtrack einsang. Das scheint in die Community abgestrahlt zu haben, denn auf den Gängen des Admiralspalastes hört man überall russisch reden. Diese amüsante Tatsache bricht nun wiederum alle Latinoklischees.