Konzertkritik

Nicki Minaj: Im Schnelldurchlauf zum Halbplayback

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Nils Neuhaus
Nicki Minaj während eines Auftritts. (Symbolbild)

Nicki Minaj während eines Auftritts. (Symbolbild)

Foto: Stuart C. Wilson / dpa

Nicki Minaj bietet in der Mercedes-Benz Arena eine gefällige Show, ihr technisches Talent gerät dabei beinahe in Vergessenheit.

Berlin.  Mit goldener Krone fährt Nicki Minaj auf dem Rücken eines imposanten Pegasus in die Mercedes-Benz Arena ein. Die zur Königin stilisierte Musikerin beginnt den Abend passend mit ihrem Song „Majesty“ vom aktuellen Album „Queen“. Von Beginn an reißt es die Fans auf den Rängen aus ihren Sitzen. Doch auf diesem hohen Niveau wird sich die Stimmung nicht den ganzen Abend über halten können, und besonders die Ränge werden im Laufe des Abends immer wieder zum verlässlichen Indikator für die Stimmung im Saal.

Rapper Juice Wrld als Begleitact statt Future

Das Konzert am Donnerstagabend verläuft nach dem Sandwich-Prinzip. Zu Beginn und zum Schluss steht Nicki Minaj auf der Bühne, dazwischen spielt der Rapper Juice Wrld einige Lieder. Ursprünglich hatte Weltstar Future die Musikerin auf ihrer Tour begleiten sollen. Nach schlechten Ticketverkäufen war dieser jedoch frühzeitig abgesprungen.

Mercedes-Benz Arena ist nicht ausverkauft

Ob sein Fernbleiben dafür mitverantwortlich ist, dass die gesamten oberen Ränge der Arena an diesem Abend geschlossen sind, bleibt unklar. Dass die Halle nicht ausverkauft ist, hat keinen sichtbaren Einfluss auf den Gemütszustand von Nicki Minaj. Die kommerziell erfolgreichste Rapperin aller Zeiten (über 99 Millionen verkaufte Tonträger!) schwingt fröhlich ihre Hüften in einem aufreizenden goldenen Body. Ihr Hintern, eines der Markenzeichen der Musikerin, wird dabei von wenig mehr als ihren langen schwarzen Haaren verdeckt.

Songs von Nicki Minaj werden wie am Fließband abgehandelt

Auf einem Laufsteg in der Menge gibt die Rapperin mit beeindruckender Technik ihre expliziten Texte zum Besten, während leichtbekleidete Tänzer um sie herumwirbeln. „Anaconda“, einen ihrer besonders anzüglichen Songs, leitet sie mit den Worten ein: „Was in Berlin passiert, bleibt in Berlin.“ Dann gibt es ein erstes Intermezzo, ein DJ erscheint auf der Bühne und spielt verschiedene Songs der Musikerin im Schnelldurchlauf, wozu diese ab und an über das Playback rappt. Dass hier viele Hits aus ihrer üppigen Diskografie wie am Fließband abgehandelt werden, stört die Fans kaum.

Es folgt das zweite Intermezzo. Juice Wrld nimmt die Bühne ein. Der Rapper springt auf und ab, schreit ins Mikrofon und singt zwischendurch ein paar schiefe Töne. Doch all der Einsatz zeigt wenig Wirkung. Der Emo-Rap des Zwanzigjährigen sorgt dafür, dass sich die Fans auf den Rängen zum ersten Mal in ihre Sitze fallen lassen.

Schließlich geht es weiter mit der Show von Nicki Minaj, die jetzt mit futuristisch verspiegeltem Helm in einer weißen Kapsel auf der Bühne erscheint. Die folgenden Songs sind vor allem von Elektro-Beats geprägt. Allen voran das Lied „Turn Me On“ von David Guetta, auf dem sie als Feature-Gast vertreten ist. Generell spielt die Rapperin an diesem Abend viele Hits, auf denen sie lediglich einen Gastauftritt hat. Die eigentlichen Interpreten, wie Drake oder Ariana Grande, kommen vom Band.

Plötzlich steht die Rapperin im Brautkleid auf der Bühne

Auf die hämmernden Elektro-Beats folgt ein musikalischer Bruch. Kurz verschwindet Nicki Minaj von der Bühne, dann kommt sie in einem voluminösen Brautkleid zurück und spielt mehrere Balladen, bei denen sie von einer Hintergrundsängerin und viel Playback unterstützt wird. Zum zweiten Mal an diesem Abend gönnen sich die Fans auf den Rängen eine Verschnaufpause.

Talent von Nicki Minaj gerät fast in Vergessenheit

Erst im Schlussteil nimmt das Konzert mit dem Song „Bed“ wieder Fahrt auf. Alles in allem lässt sich der Abend als gefällige Show bezeichnen. Am Ende steht jedoch die Frage, ob man es als Künstlerin jedem einzelnen Fan recht machen muss, ob es wirklich nötig ist, ein Dutzend Lieder im Schnelldurchlauf zum Halbplayback abzuhandeln. Denn bei all der Gefälligkeit gerät das technische Talent, das Nicki Minaj als Rapperin auszeichnet, beinahe in Vergessenheit.