Berlin. „Besetzungscouch“ heißt das neue Programm von David Kaiser und Virginia Plain im BKA-Theater.
Die Bühnen sind klein. Die Scheinwerfer hängen so tief, dass man am liebsten mit einer Sonnenbrille auftreten möchte. Von den engen Garderoben ganz zu schweigen. Das Leben als Kleinkunst-star ist alles andere als glamourös. Kaiser & Plain können ein Lied davon singen. „Kleinkunsthuren“ heißt es und erzählt von vier Jahren hartem Touren durch die Provinz. Das zehrt. Da hilft auch kein Detox mehr, um die Benutzeroberfläche showfreundlich aufzuhübschen. Also muss das Duo es mit Talent versuchen.
Leicht derangiert in Leoprint-Bademänteln startet das Berliner Duo daher im BKA Theater in sein neues, nunmehr drittes Programm „Besetzungscouch“. Doch keine Sorge, die beiden schieben keinen Frust, sondern arbeiten an ihrem internationalen Durchbruch. Die Agentin von Virginia Plain hat ein Engagement in Las Vegas eingefädelt. Eine ganz große Show. Irgendwo zwischen „Siegfried und Roy“ und „Barbra und Celine“. US-Impresario Bob ist nämlich ein heißer Fan von Virginia. David Kaiser hat zwei Tage für das Konzept und die kompletten Orchester-Arrangements. Und Virginia probt, bis die Stimmbänder glühen. Nebenher lassen die zwei ihre eigene (fiktive) Geschichte Revue passieren.
Virginia wollte als Kind mal Ballett tanzen. Aber schon damals deutete sich ihre kurvige Opulenz an. Ihre Lehrerin fand, sie sollte lieber singen. Gesagt, getan. Virginia verwandelte sich in Schlagersternchen Susi Koch. Vom Tutu zum Helene-Fischer-Verschnitt in ein paar Songs. Herrlich, die wandelbare Plain. Ihr steht David Kaiser in nichts nach. Er gibt den halbseidenen Matratzenverkäufer, der mit Susis Auftritt weder Kosten noch Mühen scheut. Mit Lachtränen-Garantie.
In der Regie und unter der musikalischen Leitung von Rainer Rubbert stimmt einfach alles an diesem Abend. Gesang, Spiel, Musik, Tanz und Witz. Mehr geht nicht. Virginia Plain zieht dabei mit ihrer ausdrucksstarken Stimme alle Register, singt Chansons, Couplets, Pop, Jazz und sogar Arien. Manche Songs haben ihr David Kaiser und Rainer Rubbert auf den Leib geschrieben. Anderen, wie „Einsamkeit“ von Barbara, verleiht sie Tiefe. Zudem flirtet sie hemmungslos mit dem Publikum, geht auf Tuchfühlung.
Auch David Kaiser ist mehr als ein grandioser, trockenhumoriger Konterpart am Flügel. Er singt nicht nur mit Virginia Plain im Duett, sondern auch solo. Etwa, als die anfangs noch ahnungslose Plain ihn auf dem Flügel vernaschen will und er mit einem Song von Peter Lund in einem Spontan-Outing gesteht: „Ich bin schwul“.
Natürlich geht es auch um die berühmt-berüchtigte Besetzungscouch. In Zeiten der #MeToo-Debatte Symbol für männlichen Machtmissbrauch. Las-Vegas-Bob erweist sich als schlimmer Finger. Von Kaiser & Plain gibt es dafür ein deutliches „Nein“ und „Bye-bye“. Dann lieber Kleinkunst im BKA-Theater. Das könnte sich nach diesem sensationellen Abend bald schon als zu klein erweisen. Denn mit diesem Programm dürften die beiden Künstler viele neue Fans gewinnen. Als sie dann noch zur Zugabe „Dageblieben“ vom ebenfalls fabelhaften Chanson-Duo Malediva anstimmen, möchte man sich von ihnen gar nicht mehr trennen.
BKA-Theater, Mehringdamm 34, Kreuzberg. Tel. 202 20 07 Termine: 23., 24., 26., 30. und 31.1., 1. und 2.2. um 20 Uhr