Kultur in der Hauptstadt

Brecht, Busch und viele neue Theaterstücke in Berlin

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Elke Vogel
Jürgen Holtz und Jeanne Balibar in Frank Castorfs „Galileo Galilei“-Inszenierung am Berliner Ensemble

Jürgen Holtz und Jeanne Balibar in Frank Castorfs „Galileo Galilei“-Inszenierung am Berliner Ensemble

Foto: Matthias Horn

Premieren 2019: Die Berliner Bühnen setzen thematisch auf Waffengeschäfte, Pubertät und das Bauhaus-Jubiläum.Ein Überblick.

Berlin. Die Berliner Theater starten mit zahlreichen Premieren in das Jahr. Auf den großen Bühnen ist alles möglich: Historisches, Politisches, Satirisches oder Aufklärerisches. Es geht um Waffengeschäfte, das Bauhaus-Jubiläum und die Pubertät. Bekannte Regisseure und Schauspieler treffen auf junge Theaterleute. Eine Auswahl.

Berliner Ensemble

Der frühere Volksbühnen-Intendant Frank Castorf bringt seine Berliner Inszenierungen jetzt am einstigen Brecht-Theater heraus. Sein nächster Regie-Streich dort ist der Theaterabend „Galileo Galilei. Das Theater und die Pest“ (Premiere: 19.1.) von und nach Bertolt Brecht mit Musik von Hanns Eisler. Auf der Bühne wird unter anderem Jürgen Holtz als Galileo stehen. Bemerkenswert daran: Der in der Öffentlichkeit stets verschlossene Castorf lädt im Vorfeld der Premiere, nämlich am Montag, sogar zu einer Pressekonferenz ein. Um deutsche Waffengeschäfte geht es in „Kriegsbeute“ (Premiere: 22.2.) von den Filmemachern Burhan Qurbani und Martin Behnke („Wir sind jung. Wir sind stark.“). Regie wird Laura Linnenbaum führen. Antú Romero Nunes bringt mit „Max und Moritz“ (Premiere: 22.5.) eine „Bösebubengeschichte für Erwachsene“ nach Wilhelm Busch auf die Bühne (Berliner Ensemble, Bertolt-Brecht-Platz 1, Mitte).

Volksbühne

Nach dem schmählichen Abgang von Castorf-Nachfolger Chris Dercon ist für das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz noch kein neuer Chef in Sicht. Interimsintendant Klaus Dörr hat inzwischen ein Programm aus Eigenproduktionen, Gastspielen und von anderen Theatern übernommenen Produktionen auf die Beine gestellt. Als Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch feiert „Moby Dick“ (8.1.) nach Herman Melville Premiere. In der Regie von Anita Vulesica hinterfragen fünf Schauspielerinnen den legendären Abenteuerroman als Inbegriff männlicher Machtausübung. Es folgen die Uraufführung von Susanne Kennedys und Markus Selgs Performance „Coming Society“ (Premiere: 17.1.) sowie neue Tanz-Choreographien von Sasha Waltz (Premiere: 7.3.) und Constanza Macras (Premiere: Frühjahr 2019). „Das Bauhaus – ein rettendes Requiem“ (Premiere: 20.6) heißt eine Performance von Schorsch Kamerun zum
Jubiläum 100 Jahre Bauhaus (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte).

Deutsches Theater

An Ulrich Khuons Bühne geht es im Großen Haus los mit Christopher Rüpings neuer Inszenierung „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ (Premiere: 20.1.) von Heinar Kipphardt. René Pollesch bringt als Uraufführung „Black Maria“ (Premiere: 30.1.) auf die Bühne. Alexander Riemenschneider inszeniert in der Box Erich Kästners Berlin-Roman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ (Premiere: 23.2.). Richard Yates’ mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio verfilmter Roman „Zeiten des Aufruhrs“ (Premiere: 28.2.) ist in der Regie von Jette Steckel auf der Bühne zu sehen. Zur Besetzung des Ehedramas gehören Maren Eggert, Christoph Franken, Judith Hofmann, Alexander Khuon und Kathleen Morgeneyer (Deutsches Theater, Schumannstr. 13a, Mitte).

Schaubühne

Die erste Premiere des Jahres ist „Status quo“ (18.1.) von Marja Zade, inszeniert von Marius von Mayenburg. Das Stück zeigt eine spiegelverkehrte Welt, wie das Theater ankündigt. „Das Objekt der Begierde und der Diskriminierung – im Beruflichen wie im Häuslichen – ist der Mann. Die Umkehrung der realen Machtverhältnisse lässt die Mechanismen der Ungleichheit in einer ebenso bissigen wie komischen Satire in aller Schärfe hervortreten.“ Mit „Abgrund“ (Premiere: Anfang April) inszeniert auch Thomas Ostermeier ein Werk von Zade, die seit 1999 erst Lektorin und dann Dramaturgin an der Schaubühne ist. „Danke, Deutschland“ (Premiere 4.4.) heißt das Stück von Sanja Mitrovic, das die Autorin selbst auf die Bühne bringt. Darin wird es um Einwanderer aus Vietnam gehen. Ostermeier, künstlerischer Leiter der Schaubühne, wird sich außerdem erneut einem Text von Ödön von Horváth widmen. Nach der Premiere bei den Salzburger Festspielen (28.7.) wird seine Inszenierung von „Jugend ohne Gott“ dann ab September in Berlin gezeigt (Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, Charlottenburg).

Grips Theater

Die Bühne für Kinder-, Jugend- und Erwachsenentheater feiert 2019 ihr 50. Bestehen. Als erste Premiere im Jubiläumsjahr bringt Robert Neumann mit behinderten und nicht behinderten Schauspielern das Stück „Cheer out Loud!“ (17.1.) von Susanne Lipp auf die Bühne – eine Komödie rund um ein Cheerleading-Team. In „Das Nacktschnecken-Game“ (Premiere: 28.3.) von Kirsten Fuchs dreht sich alles um die Pubertät. In dem von Maria Lilith Umbach inszenierten Jugendstück geht es um vier Schüler, die angeblich schon alles zum Thema Sex wissen und deshalb den Sexualkundeunterricht schwänzen. Unversehens geraten die Freunde in ein Adventuregame, in dem sie sich mit kniffeligen Fragen herumschlagen müssen – inklusive dem Rätsel, wie man eine Nacktschnecke dazu bringt, sich fortzupflanzen. Zum Jubiläum wird „Die Lücke im Bauzahn“ (Premiere: 6.6.) gezeigt, eine Neubearbeitung des Kinderstücks „Balle, Malle, Hupe und Artur“ von Grips-Gründer Volker Ludwig aus dem Jahr 1971 (Grips Theater, Altonaer Straße 22, Mitte).

Maxim Gorki Theater

An der von Shermin Langhoff geleiteten Bühne startet man mit einer Theaterfassung von Erich Maria Remarques Flüchtlingsdrama „Die Nacht von Lissabon“ (Premiere: 11.1.). Regie führt Hakan Savaş Mican. „Mit Remarque geht Mican der Frage der Zugehörigkeit auf einem Kontinent nach, der sich als kulturelle und geografische Festung neu zu definieren versucht. Er erzählt aber auch von der Hoffnung, vom Wunder der Liebe und von der Möglichkeit der Solidarität“, heißt es in der Ankündigung des Theaters. Yael Ronen und ihr Ensemble zeigen ihr neues Stück „Third Generation – Next Generation“ (Premiere: 8.3.). Auf Arabisch, Deutsch, Englisch und Hebräisch wird darin mit deutschen und englischen Untertiteln das Verhältnis von Israelis, Palästinensern und Deutschen verhandelt. Die Theatermacher von Rimini Protokoll beschäftigen sich in „Granma. Posaunen aus Havanna“ (Premiere: 21.3.) mit Kuba und dem Mythos der Revolution (Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, Mitte)