Astra Kulturhaus

Kurzes Hip-Hop-Vergnügen mit Pusha T

| Lesedauer: 3 Minuten
Nils Neuhaus
Pusha T hat das beste Album des Jahres herausgegeben - sagt er von sich selbst (Archivfoto)

Pusha T hat das beste Album des Jahres herausgegeben - sagt er von sich selbst (Archivfoto)

Foto: pa

US-Rapper Pusha T lässt sich in Berlin feiern, doch dann ist das Konzert nach einer knappen Stunde auch schon vorbei.

Berlin. Mit empor gerecktem Kinn betritt US-Rapper Pusha T die Bühne. Im Hintergrund läuft Musik aus dem Film „Scarface“, als müsste irgendjemand daran erinnert werden, dass mit dem New Yorker am Montagabend waschechter Gangster-Rap Einzug in das Astra Kulturhaus hält. Am vorderen Bühnenrand angekommen, greift sich der Rapper das Mikro und gibt ein paar Verse a cappella zum Besten, dann setzt der Beat ein und mit ihm der Jubel des Publikums.

Nichts anderes als das Rap-Album des Jahres behauptet Pusha T, bürgerlich Terrence Thornton, mit „Daytona“ veröffentlicht zu haben. So postuliert er es auf der Bühne und so steht es auf seinen T-Shirts am Merchandise-Stand. Große Worte für ein Album, das bloß 21 Minuten lang ist, doch um seiner Prahlerei Nachdruck zu verleihen, steigt der Rapper gleich mit den ersten drei Liedern der neuen Platte ein.

Frauen, Drogen und Gott, das sind die Themen, denen Thornton sich auf Songs wie „The Games We Play“ widmet. Auch den vermeintlich desolaten Zustand des gesamten Rap-Genres nimmt der Musiker sich vor. Das Ganze ist produziert von seinem Rap-Kollegen Kanye West, der die Lieder mit kunstvollen Beats unterlegt hat. Tiefe Bässe, die einem das Zwerchfell vibrieren lassen, garantieren zusammen mit verspielten Samples den Live-Erfolg der Songs.

Ob „Daytona“ nun das Rap-Album des Jahres ist, sei dahingestellt, doch live haben die neuen Songs, trotz reduzierter Bühnen-Show, auf jeden Fall Durchschlagskraft. Vom ersten Takt an haben die Fans ihre Arme in der Luft, es wird getanzt, und die Stille zwischen zwei Liedern füllt das Publikum, indem es den Namen des Rappers skandiert.

Obwohl die Stimmung großartig ist, bricht Thornton den Song „Hard Piano“ nach wenigen Versen ab. Offenbar hat das Publikum nicht laut genug mitgesungen. Also beginnt der Rapper von vorn, und die Maßnahme sorgt tatsächlich dafür, dass jetzt noch mehr Hände in die Luft geworfen werden, dass noch mehr Fans ihn gesanglich unterstützen.

Die Songs seiner ersten beiden Solo-Alben spielt Thornton an diesem Abend kaum. Dafür bringt er mit Hits wie „So Apalled“ mehrere Lieder von Kanye West auf die Bühne, in denen er eigentlich nur als Feature-Gast vertreten ist. Dementsprechend schnell sind die Nummern auch wieder vorbei.

Mit „Grindin‘“ ist an diesem Abend zudem ein Song des ehemaligen Hip-Hop-Duos Clipse dabei. Das Zweiergespann, das der Rapper mit seinem Bruder Gene gründete, machte Pusha T berühmt und ermöglichte ihm seine Solo-Karriere.

Kurz vor Schluss bekommen die Fans dann noch die restlichen Lieder des neuen Albums zu hören. Unter anderem „Come Back Baby“, auf dem ein Sample des Soul-Sängers George Jackson zu hören ist. Als letzter Song vor der Zugabe dient schließlich „Infrared“, in dem Thornton den kanadischen Rapper Drake für die Zusammenarbeit mit einem Ghostwriter kritisiert.

Die folgende Zugabe ist kurz und enthält keine Solo-Nummern mehr. Noch einmal lässt Thornton sich feiern, dann ist das Konzert nach einer knappen Stunde auch schon vorbei. Die Menge bleibt noch eine Weile, will den Rapper mit anhaltendem Applaus zu einer weiteren Zugabe animieren, doch vergeblich. Pusha T lässt sich nicht mehr blicken und mit einigem Unverständnis bezüglich des kurzen Vergnügens kehren die Fans der Bühne den Rücken zu.