Kultur

Kraftklub will doch nach Berlin

| Lesedauer: 3 Minuten
Nina Kugler

Chemnitzer Punk-Rock-Band liefert in der Parkbühne Wuhlheide energiegeladene, mitreißende Show ab. 17.000 Fans feiern ihre Idole frenetisch

„Ich will nicht nach Berlin“ sang 2012 die Rock-Band Kraftklub – und der Song lief im Radio rauf und runter. Die Band aus Chemnitz rund um Leadsänger Felix Brummer startete mit dem Lied eine erfolgreiche Karriere. Und mittlerweile trauen sich die Chemnitzer auch nach Berlin. So auch am Sonnabend. In der ausverkauften Parkbühne Wuhlheide spielten sie vor 17.000 begeisterten Zuschauern ihr erstes von lediglich drei Open-Air-Konzerten in diesem Sommer. Und das unter dem Tour-Namen „Kein Sommer für Niemand“. Nun ja, nach den sich jagenden Hitzerekorden der vergangenen Tage ist der Name nicht wirklich überzeugend – der Auftritt der Band dafür umso mehr.

Denn die Lieder gehen durchs Ohr, ins Herz und in die Beine. Ab dem ersten Takt spritzt Bier über die Köpfe der Zuschauer, und die Fans springen wild durch die Gegend. Über ihre Köpfe wird sich schon bald eine dicke Staubschicht gelegt haben: Das exzessive Tanzen wirbelt den sandigen Boden auf. Da bringt es auch nur wenig, dass Brummer die Fans immer wieder mit Wasser aus einem langen Schlauch zur Abkühlung bespritzt.

Es ist das größte Konzert, das die Band je gespielt hat. Die Parkbühne kennen sie aber trotzdem bereits: Vor Jahren spielten sie hier als Vorgruppe von Rammstein. Heute sind sie selbst Hauptact. „Alter Schwede“, kommentiert Brummer diese Entwicklung. Von ihrem Album „Keine Nacht für Niemand“ – übrigens das dritte Nummer eins Album in Folge – spielen sie genauso Songs wie von ihren beiden vorherigen Platten „Mit K“ und „In Schwarz“. Aber Kraftklub ist erwachsener geworden. Während sie zu Beginn ihrer Karriere eben noch „Ich will nicht nach Berlin“ skandierten, ist ihr 2017 erschienenes Album hochaktuell – und politisch.

Band mit politischem Statement

In „Fenster“ singen sie gegen AfD- und Pegida-Anhänger an – mit einer bitterbösen Aufforderung an sie: „Spring aus dem Fenster für mich. Du kannst was erreichen.“ Kurze Zeit später lässt sich Brummer von einem Zuschauer eine Regenbogenfahne geben und erklärt: „Keiner hat euch vorzuschreiben, mit wem ihr bumsen dürft.“ Selten nimmt eine Band so wenig ein Blatt vor den Mund und positioniert sich in der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatte so deutlich.

Aber es ist natürlich nicht nur die politische Haltung, die den Abend zu einem Ereignis macht. Denn die fünf Chemnitzer spielen auch ihre feier- und tanzbaren Songs – und hier macht der Name dann auch Sinn: Kraftklub saugt die Energie und Kraft ihrer Fans auf und gibt sie zurück. Dank Pyrotechnik und Lichteffekten qualmt, knallt und leuchtet die Parkbühne. Als Überraschungsgast schaut kurz die Rap-Gruppe K.I.Z auf vorbei. Zum krönenden Abschluss ihres dreistündigen Konzerts fahren Kraftklub auf einer kleinen mobilen Bühne durch die Fanmassen. Zum Anfassen gibt es die fünf Bandmitglieder dann tatsächlich noch beim Stagediving-Contest: Die Chemnitzer lassen sich auf den Händen der Fans zurück auf die Bühne tragen. Tanz, Pogo, Gegröle – ein Rockabend vom Feinsten.