Kultur

Fröhlich stöhnen: Mick Harvey in der Volksbühne

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Matthias Wulff

Mick Harvey kam 1983 nach West-Berlin, zusammen mit Nick Cave, mit der er schon zur Schule gegangen war. Die Australier hatten The Birthday Party gegründet, nun starteten sie in der Stadt mit Nick Caves and the Bad Seeds. Als Mick Harvey die Band 2009 verließ, endete ein 36-jähriges Miteinandersein mit Nick Cave. Im Anschluss führte Mick Harvey das fort, was er Mitte der 90er-Jahre begonnen hatte und übersetzte Serge Gainsbourgs Songtexte vom Französischen ins Englische. Vier Alben sind entstanden, „Intoxicated women“ heißt das letzte.

In ihm wagt er sich auch an den Überhit „Je t’aime ... moi non plus“. Knapp 50 Jahre nach Erscheinen ist auf der Bühne der Volksbühne am Sonntagabend zu verfolgen, warum Radiostationen das Duett mit Jane Birkin 1969 boykottierten. Denn Mick Harvey hat dieses Lied ins Deutsche übersetzt und singt es gemeinsam mit Andrea Schroeder, eine Sängerin, die in ihrem sonstigen Leben in Berlin mit fröhlicher Miene schwermütige Lieder vorträgt. „Du gehst und kommst rein, In mich hinein, Und dann sind wir eins“, stöhnt sie mit ironischem Ernst, und in den Reihen der Volksbühne kommt pubertäre Heiterkeit auf.

Serge Gainsbourg stand für Sex, Alkohol, Provokation und Exzesse aller Art, Mick Harvey (59) grummelt zwischen den Liedern, kämpft gegen widerspenstige Ärmelknöpfe, aber nicht ohne Charme. Er ist nicht die Reinkarnation Gainsbourgs, auf die man als Erstes kommen würde. Eine gute Wahl hat Mick Harvey bei den Begleitmusikern getroffen. Die vier Streicherinnen strahlen um die Wette und sind der Gegenpol zum kauzigen Mick Harvey. Für den Sex-Appeal hat er Xanthe Waite an seiner Seite, die im kurzen, schwarzen Kleid mit durchgehender Kühle auftritt. „69 erotic year“, „Overseas telegram“, „Bonnie and Clyde“ singt sie. Mag Harvey nicht ein zweiter Gainsbourg sein, so ist Xanthe Waite Jane Birkins würdige Nachfolgerin.

( Matthias Wulff )