Kultur

Musik wie von Geisterhand in der Auenkirche

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Julius Betschka

Die Künstler bedienen die Orgel mit einem Computer

Kirchenmusik ist eigentlich untrennbar verbunden mit einem Organisten, der die Tasten anschlägt. Der für den warmen Klang der Orgelpfeifen sorgt, der das Kirchenschiff erfüllt. Der Sound, der am Freitag in der Auenkirche im Ortsteil Wilmersdorf zu hören ist, wird davon abweichen. Experimentelle Musik könnte man nennen, was die Berliner Musiker und Komponisten Marion Wörle und Maciej Śledziecki – sie beide nennen sich „Gamut Inc.“ – da vorhaben. Gemeinsam mit dem Organisten John Kameel Farah werden sie das Kirchenschiff bei „Organ and Electronics“ mit sphärischen Klangkonstruktionen füllen, mit minutenlang anhaltenden Akkorden. Angelehnt an minimale Musik. „Musik zum Zuhören“, beschreibt es Śledziecki. Vor allem für Fans von elektronischer Musik. „Aber die Kirche ist ja ein fantastischer Ort, um zuzuhören.“

Der Organist ist überflüssig geworden

Am Freitag wird niemand an der Orgel sitzen, um die Tasten anzuschlagen. Stattdessen werden Śledziecki und Wörle die zehn Meter hohe Orgel der Auenkirche mit einem Computer ansteuern. Das ist möglich, weil das Instrument mit einem Midi-Eingang ausgestattet ist – also wie ein Keyboard ansteuerbar ist. Die Töne selbst kommen analog aus den Orgel-Pfeifen. Die Orgel wird so bedient wie von Geisterhand. „Der Bass der Orgel ist in der Kirche fast körperlich spürbar, diese Extreme wollen wir austesten“, sagt Wörle auf die Frage, warum es die beiden in die Kirche gezogen hat. „Die Zuschauer hören die Kirchenorgel, doch der Klang ist ein anderer – das ist das Besondere.“ Und welcher Platz könnte für die sphärischen Klangwelten der beiden geeigneter sein, als das 25 Meter hohe Kirchenschiff, in dem man meint, das Brummen des Universums hören zu können?

Sie treten zusammen auf mit John Kameel Farah. Seine Orgel-Kompositionen verbinden Elemente aus der barocken und frühzeitlichen Musik, aus experimenteller Klassik und minimaler, elektronischer Musik. Auch er wird das Spiel mit der Orgel um Synthesizer-Klänge ergänzen und so den klassischen Sound verändern.

„Organ and Electronics“, Auenkirche, Wilhelmsaue 119, Wilmersdorf, Freitag, 27. April, 20 bis 23 Uhr, Eintritt 8–12 Euro