Konzert in Berlin

So war's bei Ritchie Blackmore im Velodrom

| Lesedauer: 3 Minuten
Nils Neuhaus
Ritchie  Blackmore,  der legendäre Gitarrist von Rainbow und Deep Purple

Ritchie Blackmore, der legendäre Gitarrist von Rainbow und Deep Purple

Foto: Getty

Einst schrieb er das legendäre Riff von Deep Purples "Smoke on the Water": Im Velodrom zeigte Ritchie Blackmore seine Virtuosität.

Riesige grüne Augen starren von der Bühne aus ins Publikum, die Pupillen haben gut einen halben Meter Durchmesser, vor dieser gigantischen Projektion steht Ritchie Blackmore mit seiner Band. Ritchie Blackmore, das ist der Mann, der den unvergesslichen Gitarrenriff für Deep Purples „Smoke on the Water“ geschrieben hat, bevor er die Band schließlich verließ und mit Ritchie Blackmore’s Rainbow sein eigenes Projekt startete.

Als einen der ersten Songs spielt die Band an diesem Abend im Velodrom das Deep-Purple-Cover „Mistreated“. Die Band, die sich seit ihrer Gründung 1975 zweimal auflöste, ist seit 2015 wieder aktiv. Auf der Bühne ist eine komplette Neuformierung rund um das einzig beständige Bandmitglied Blackmore zu sehen. Während seines Gitarrensolos in „Mistreated“ bekommt Blackmore mehrmals Szenenapplaus für einzelne Noten, doch nicht alle Bandmitglieder haben so leichtes Spiel mit dem Publikum. Als Sänger Ronnie Romero das Publikum dazu animiert, an seiner Stelle zu singen, folgt nur unartikuliertes Gekreische. Kurz schlägt Romero die Hand an die Stirn, dann geht es weiter.

Die Projektionen an der Rückwand der Bühne zeigen mal Textanimationen, mal ansprechende Grafiken von Regenbögen im Weltall, doch die meiste Zeit über sind abstrakte Formen in allen denkbaren Farben zu sehen, die stark an Windows-Bildschirmschoner erinnern. Ritchie Blackmore spielt dazu seine beinahe routinierten Soli, zwar sind diese nicht mehr ganz so ausufernd und virtuos wie etwa auf Konzertaufnahmen aus den Siebzigern, doch daraus kann man dem 73-jährigen keinen Vorwurf machen.

Während des Songs „Soldier of Fortune“ versucht der chilenische Sänger Romero ein weiteres Mal, das Publikum zum Mitsingen zu animieren, doch als er das Mikrofon in die Menge hält, antwortet diese ihm bloß mit aufbrandendem Geschrei. Die Band spielt weiter, auffallend oft kann man beobachten, wie betrunkene Besucher zu Boden fallen, wenn die Musik schneller wird. Doch alle stehen wieder auf, schütteln sich kurz, recken bierselig den Daumen in die Luft, um zu signalisieren, dass alles in Ordnung ist, und tanzen weiter. Kein Wunder, dass kaum jemand an den richtigen Stellen mitsingt.

Anders als Romero hat Blackmore das Publikum vollkommen in der Hand, während des Songs „Black Night“ singt die Menge den einschlägigen Gitarrenriff so lautstark mit, dass die Band spaßeshalber die Bühne verlässt und erst nach etwa einer Minute wieder einsteigt.

Es folgt eine Interpretation von Beethovens 9. Sinfonie „Ode an die Freude“, die ein scheinbar endloses Solo des Keyboarders Jens Johansson enthält. Dann spielt die Band den Hit „Long Live Rock’n’Roll“, und endlich bekommt Romero vielstimmige Unterstützung aus dem Publikum. „Ihr könnt singen, na endlich“, ruft der Sänger ins Mikro. Spätestens als die Band kurze Zeit später „Smoke on the Water“ spielt, singt schließlich der ganze Saal, und man freut sich mit Romero, dass er es doch noch geschafft hat, die Stimmen des Publikums für sich zu gewinnen.