Neue Saison

Erst „Wozzeck“, dann „Der Zwerg“ in der Deutschen Oper

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Matthias Nöther
Stellen den neuen Spielplan vor: Generalmusikdirektor Donald Runnicles (l.) und Opern-Intendant Dietmar Schwarz

Stellen den neuen Spielplan vor: Generalmusikdirektor Donald Runnicles (l.) und Opern-Intendant Dietmar Schwarz

Foto: Davids

Nach dem Wasserschaden: Das Opernhaus an der Bismarckstraße kündigt eine vielseitige neue Saison an.

Berlin. Die Illustrationen von Christoph Niemann, die die Spielzeit 2018/19 an der Deutschen Oper ankündigen und umrahmen – sie sind einfach nur kongenial zu nennen. Aus unscheinbaren Details an der Waschbeton-Fassade des 60er-Jahre-Baus, aus Bürofotos oder aus Interieur gewinnt der populäre Zeichner („The New Yorker“) mal witzige, mal groteske, aber immer hellsichtige Verbindungen zwischen dem sachlichen Äußeren und dem künstlerischen Inneren dieses Opernhauses: Da steht eine Walküre mit Speer singend auf einer Weltkugel, die sich jedoch als Papierlampion aus dem Opernfoyer entpuppt. Da wird das „O“ an der Fassade zum offenen Mund einer ekstatischen Sängerin. Das Ganze ist so geistreich wie bescheiden, und irgendwie wirkt die Deutsche Oper allein durch diese Illustrationen im siebten Jahr des Teams von Intendant Dietmar Schwarz und Musikchef Donald Runnicles in dieser Bescheidenheit souverän – Oper als jenen bürgerlichen Alltag begreifend, der eben auch durch die geschäftige, schmucklose Umgebung des Opernhauses an einer hauptstädtischen Verkehrsader Bismarckstraße repräsentiert wird.

Die Folgen der unglücklichen Havarie, jenes Wasserschadens durch die Sprinkleranlage auf der Bühne im Dezember, scheinen in geordnete Bahnen gelenkt worden zu sein – auch das war ja ein Moment, wo das Opernhaus einmal mehr mit dem profanen Berliner Alltag in Berührung kam. Mit den Versicherungen verhandelt Geschäftsführer Thomas Fehrle darüber, nicht nur den entstandenen Sachschaden von rund vier Millionen Euro zu übernehmen, sondern zusätzlich die Einnahmenausfälle von etwa einer Million, die durch szenisch reduzierte Vorstellungen entstanden. Das Ergebnis ist noch offen.

Die herausragende Premiere an der Deutschen Oper wird in der kommenden Saison gleich zur Eröffnung stattfinden: Donald Runnicles dirigiert Alban Bergs „Wozzeck“ in einer Inszenierung des „Carmen“-Regisseurs vom vergangenen Januar, Ole Anders Tandberg. Gemeinsam mit der Oper „Der Zwerg“ von Bergs Lehrer Alexander Zemlinsky aus dem Jahr 1922 – angekündigt für März 2019 – bildet der „Wozzeck“ für Runnicles eine der programmatischen Linien der Saison: Zweimal solle hier die Frage gestellt werden, wie die Komponisten mit der Erfahrung des Ersten Weltkriegs im Rücken noch mit dem romantischen Erbe umgehen würden.

Tobias Kratzer, erfolgreicher Nachwuchsregisseur, wird beim „Zwerg“ Regie führen und die relativ kurze Oper mit Arnold Schönbergs „Begleitmusik zu einer Lichtspielszene“ kombinieren. Chefdramaturg Jörg Königsdorf kündigt mit den „Contes d’Hoffmann“ von Jacques Offenbach im kommenden Dezember an, dass französisches Repertoire an der Deutschen Oper Berlin auch in Zukunft nicht die Ausnahme, sondern Normalität bleiben soll – schließlich hätten sich Orchester und Sängerensemble diese Kompetenz seit der Runnicles-Zeit hart erarbeitet.

„Hoffmann“-Dirigent Enrique Mazzola wird zum „Ständigen Ersten Gastdirigenten“ des Hauses ernannt. Ein lyrischeres Moment dieses französischen Schwerpunkts wird ein Gastauftritt der Star-Sopranistin Diana Damrau in drei konzertanten Vorstellungen von Ambroise Thomas’ „Hamlet“ im Juni 2019 sein. Besonders stolz zeigt sich Intendant Schwarz über die Uraufführung der Saison: Komponist Detlev Glanert arbeitet für die Deutsche Oper mit Runnicles an einem Fontane-Musiktheater unter dem Titel „Oceane“, für welches mit Robert Carsen ebenfalls ein namhafter Regisseur verpflichtet wurde. In Hinblick auf die Repertoire-Auswahl steht in Charlottenburg also eine recht einfallsreiche Opernsaison ins Haus.